#123 Die überraschende Wahrheit über Gesundheit. Mit Dr. Werner Bartens

Shownotes

Was bedeutet es wirklich, gesund zu sein? In dieser Episode von HEALTHWISE spricht Nils Behrens mit Dr. Werner Bartens – Arzt, Bestsellerautor und Leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung – über sein Buch Leib und Seele. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, warum Heilung mehr ist als Technik und weshalb Gesundheit oft im Zustand der Selbstvergessenheit liegt. Was dich erwartet: 🧬 Faszinierende Geschichten aus der Medizingeschichte – von der Vier-Säfte-Lehre bis zur Hightech-Chirurgie. 😂 Wie Lachgas 45 Jahre lang auf Partys gefeiert wurde, bevor man es als Narkosemittel nutzte. 🦠 Warum Antonie van Leeuwenhoek Bakterien entdeckte, ohne es zu wissen. ✋ Der Kampf von Ignaz Semmelweis für Händehygiene – und warum er dafür verspottet wurde. 🥚 Von Eiern, Aderlass und Ernährungstrends: Warum wir oft radikale Dogmen statt Balance feiern. 🧠 Gesundheit als Religionsersatz – warum viele Krankheiten moralisch gedeutet werden. 💬 Warum „gesehen werden“ und seelische Gesundheit genauso wichtig sind wie Laborwerte. Eine inspirierende Folge für alle, die Medizin nicht nur technisch verstehen, sondern auch in ihrem menschlichen, kulturellen und seelischen Kontext begreifen wollen.

Mehr zur Folge unter www.sunday.de/podcast Über Sunday Natural Sunday Natural entstand aus einer langjährigen Leidenschaft und Forschung in den Bereichen Gesundheit, Heilung und Selbstentfaltung. Der Mangel an natürlichen, qualitativ hochwertigen Produkten auf dem Markt war die ursprüngliche Motivation für die Gründung von Sunday Natural im Jahr 2013. Seitdem verfolgt die Berliner Premium Nutrition Brand konsequent ihr Leitmotiv – Produkte herzustellen, die den Vorbildern der Natur folgen, absolut rein und frei von jeglichen Zusatzstoffen sind und sich mit der höchstmöglichen Qualität auszeichnen. Sunday Natural ist heute einer der renommiertesten deutschen Qualitätshersteller, mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Berlin. Mehr unter https://www.sunday.de/newsletter

Transkript anzeigen

00:00:00: Also wenn ich mich ständig frage, ob ich glücklich bin,

00:00:02: bin ich es eigentlich schon nicht mehr.

00:00:04: Ich ständig mich frage, ob ich noch verliebt bin, diese Frau, diesen Mann.

00:00:07: Eigentlich auch schon nicht mehr. Und mit Gesundheit genauso.

00:00:09: Deswegen ist es auch, ich finde auch, man kann Gesundheit nicht steigern.

00:00:13: Ich möchte gesünder leben.

00:00:14: Ist ein komisches Wort. Ich bin jemand, der gesund oder ich bin es halt nicht.

00:00:18: Herzlich willkommen zu "Herzweiß",

00:00:20: dem Gesundheitspodcast präsentiert von "Sun in Natural".

00:00:23: Ich bin Jitz Behrens und in diesem Podcast erkunden wir gemeinsam,

00:00:25: was es bedeutet, gesund zu sein.

00:00:27: Wir tauchen einen Themen wie Medizin, Bewegung, Ernährung und emotionale Gesundheit.

00:00:32: Immer mit einem weißen Blick auf das, was uns wirklich gut tut.

00:00:35: Wir lieben in einer Zeit, in der Gesundheit zur Lifestyle Frage geworden ist,

00:00:40: aber was bedeutet es eigentlich wirklich gesund zu sein?

00:00:43: Wer verstehen will, wie unsere heutige Medizin tickt,

00:00:45: muss einen Blick zurückwerfen auf ihre Ewige,

00:00:48: auf ihre Wunder und die ewige Frage, wie Leib und Seele zusammenhängen.

00:00:53: Dr. Werner Badens ist einer der renommiertesten Medienjournalisten

00:00:56: im deutschsprachigen Raum, Arzt, Bestellautor und leitender Redakteur

00:01:00: der Suddeutschen Zeitung.

00:01:01: Mit seinem Buch "Leib und Seele" nimmt er uns mit auf eine spannende Reise

00:01:05: durch die Geschichte der Medizin von Adolas bis Gentherapie,

00:01:08: von Wunderheilern bis Hightech-Schirurgie.

00:01:11: Er zeigt, warum Heilung mehr ist als Technik,

00:01:13: was wir von früheren Ehe wegen lernen können

00:01:16: und wie wir uns heute gesünder ernähren bzw. wie wir endlich anfangen können,

00:01:21: die Verbindung zwischen Körper und Seele zu vertrauen.

00:01:23: Und deswegen sage ich herzlich willkommen, Dr. Werner Badens.

00:01:26: Danke schön, freu mich, dass ich hier bin.

00:01:28: Ich freue mich sehr, dass Sie da sind.

00:01:30: Deswegen frage ich auch gleich mit der ersten Frage an,

00:01:33: wie gesund war Ihr letzter Sonntag?

00:01:35: Mein letzter Sonntag.

00:01:37: Er war leider verregnet,

00:01:39: aber er hatte einen guten Vorlauf,

00:01:41: weil ich hatte eine Veranstaltung im Bregenster Wald

00:01:43: und bin da größtenteils mit dem Rennrad von München hingefahren.

00:01:46: Wow, wie lange fährt man da?

00:01:48: Naja, ich habe einen Teil der Strecke im Rad bewältigt,

00:01:51: weil dann hat meine Frau mich da aufgesammelt.

00:01:53: Ich bin da aber schon mehrmals ganz netter aus,

00:01:56: schon mehrmals hingefahren, sind so 160 Kilometer.

00:01:59: In dem Fall bin ich einfach morgens zügig, vier Stunden lang,

00:02:02: so an knapp 90 und dann den Rest halt mit dem Auto.

00:02:06: Gab es am Ende dann eine Dusche?

00:02:08: Na klar, klar, klar, klar.

00:02:10: Sehr gut, sehr gut.

00:02:12: Man wäre auch authentisch so einmal so schön in dem Rennrad-Outfit,

00:02:15: leicht verschwitzt, was über gesundheit zu erzählen.

00:02:17: Stark verschwitzt?

00:02:19: Nein, den Termin hatte ich erst zwei Tage später,

00:02:21: erste Mai und so weiter und deswegen war das so.

00:02:25: Sehr gut, sehr gut.

00:02:27: Was hat Sie an der Geschichte der Medizin so fasziniert,

00:02:29: dass Sie ein Buch darüber schreiben wollten?

00:02:31: Also, es ist so, dass ich einerseits es total faszinieren finde,

00:02:35: woher unsere damals, heute, auch in Zukunft,

00:02:39: unsere jeweiligen Weltbilder, Denkmuster,

00:02:42: unsere Paradigme, Narrative, man kann das kompliziert ausdrücken,

00:02:45: man kann auch einfach sagen, an was wir glauben und warum.

00:02:49: Also die Forschung von Gesundheit und Krankheit.

00:02:51: Was macht uns krank, was macht uns gesund?

00:02:53: Dass bis heute Populäre denken, ich will aber, was natürlich ist,

00:02:56: nicht die böse Chemie, wo kommt das her?

00:02:59: Ganzheitlich, der Einfluss der Psyche, also all diese Schlagworte,

00:03:02: die heute eigentlich immer auftauchen, so im Gesundheitsdiskurs,

00:03:06: die haben ja eine Geschichte und zum Teil haben die eine ganz lange Tradition.

00:03:09: Zum Teil gibt es da auch witzige Wendungen und amüsante Zufälle

00:03:14: und das hat mich also einerseits historisch interessiert,

00:03:18: aber auch, ich fange vielleicht mit etwas modernem an,

00:03:20: um dann auf ein paar tolle historische Beispiele zu kommen.

00:03:23: Selbst als der Boom der endoskopischen Operationen, also Schlüssellochchirurgie,

00:03:28: wurde schon früher entdeckt, aber so in den 1970er, 80er Jahren

00:03:32: wurde es dann richtig populär.

00:03:34: Und da waren Anfang die Ärzte, die es gemacht haben, so begeistert

00:03:37: von der neuen Technik, dass sie übertrieben gesagt von hinten

00:03:40: durch die Brust ins Auge operiert haben.

00:03:42: Also Dinge, die eigentlich unvernünftig, potenziell schädlich waren,

00:03:46: weil es so umständlich war im Vergleich zu dem offenen Schnitt.

00:03:49: Aber es war die Begeisterung und weil man es kann, hat man es gehabt.

00:03:54: Das ist ja oft so, dass es dann erstmal so ein Hype gibt,

00:03:57: so eine bestimmte Mode und aber auch Vorurteile innerhalb der Ärzteschaft,

00:04:00: zum Beispiel gab es eine legendäre Studie 1996/97,

00:04:04: da hat man verglichen, wie die endoskopische, also die Schlüssellochoperation

00:04:08: Entfernung der Gallenblase, wie das dem Patienten danach geht,

00:04:12: im Vergleich zu der klassischen offenen Operation.

00:04:14: Und alle dachten, naja, endoskopisch ist doch viel schonender.

00:04:18: Dann stellte sich raus, das war eine tolle, verblindete,

00:04:21: placebo-kontrollierte Studie, also die Ärzte auf Station wussten nicht,

00:04:25: welcher Patient wie operiert war.

00:04:27: Und sollten die dann entlassen, wenn sie wieder fit waren.

00:04:29: Die hatten sogar identische Verbände mit ähnlichen Blutsprengkeln drauf.

00:04:33: Und die Entlassung sollte dann eben erfolgen, wenn sie wieder fit waren

00:04:37: und das war kein Unterschied zwischen endoskopisch,

00:04:41: die Schlüsselloch operiert und offen operiert.

00:04:43: Es war tendenziell sogar so, dass die offen operiert ein bisschen früher rauskam.

00:04:47: Merke, die Heilung der Heilungs-Genesungsprozesse ist nicht davon abhängig,

00:04:53: wie groß das Loch in der Haut oder in der Bauchwand ist,

00:04:56: sondern da wird ein Organ entfernt.

00:04:58: Und davon muss man sich erholen, egal wie der Schnitt oben ist.

00:05:02: Also und solche Dinge fand ich immer wieder fasziniert.

00:05:05: Also kann ich Ihnen nachvollziehen, wobei ich mir jetzt schon denken würde,

00:05:08: Sie sagen ja, es war nicht alles sinnvoll,

00:05:10: aber jetzt so eine Herzklappentransplantation.

00:05:13: Dass man da reden wir ja nicht nur darüber,

00:05:15: dass man sozusagen ein bisschen Haut schneide,

00:05:17: sondern auch den Brustkorb ja wirklich öffnen muss.

00:05:20: Dann reden wir über Rippen, die aufgemacht werden müssen.

00:05:23: Da würde ich jetzt immer noch sagen,

00:05:25: also wenn ich die Wahl hätte zwischen mir schneide jemand meine Rippen auf

00:05:29: oder die endoskopische Variante, dann würde ich glauben.

00:05:33: Ja, ja unbedingt nicht, dass wir uns damit verstehen.

00:05:35: Das ist ein wahnsinniger Erfolg, ein fortschritt, eine tolle Technik.

00:05:38: Trotzdem gab es am Anfang Übertreibung oder sozusagen eine Fixierung,

00:05:43: eine Engführung, auf das ist jetzt das Non-Tos-Ultra, genau.

00:05:47: Und da gab es dann halt auch einige, wie soll ich sagen,

00:05:50: Ernüchterungen und Überraschungen, weil man teils aus dieser Begeisterung

00:05:53: auch von der Ärzteschaft schonender Eingriff und gar keine Narbe,

00:05:57: so ungefähr dann Dinge gemacht hat, die sich dann als unsinnig

00:05:59: oder gar nicht vorteilhafter herausstellten.

00:06:01: Beispielsweise, wenn es ein komplizierterer Eingriff war,

00:06:04: gab es auch kürzlich erst befundene vor zwei, drei Jahren

00:06:07: auf einem großen US-Kongress an der Gebärmutter,

00:06:09: dass es, weil das oft sehr komplex dort ist,

00:06:12: sich durch diese Schlüssellochendoskopietechnik gar nicht so leicht machen lässt.

00:06:16: Naja, und da gibt es aber, das ist natürlich in der Geschichte zum Teil noch

00:06:20: super spannend, wenn ich da gleich anschließen darf.

00:06:22: Bitte.

00:06:23: Es gab einen holländischen Tuchhändler, Anthony Läufenhöck,

00:06:26: der hat in den 1670er Jahren, also 1673, glaube ich, gilt so als Erfinder

00:06:32: oder als einer der prägenden Männer für die Erfindung des Mikroskopes,

00:06:35: hat Linsen, Schleifen, Mikroskop entdeckt, entwickelt

00:06:38: und hat dann alles Mögliche untersucht.

00:06:41: Proben aus der Erde, aus dem Teich, auch sein eigenes Sperma

00:06:44: und hat dann aber auch seine Mundschleimhaut abgeschabt

00:06:47: und hat da das Wimmeln sehen unter Mikroskop

00:06:50: und hat seinen schönen Satz gesagt, in meinem Mund gibt es mehr Lebewesen

00:06:54: als in den Niederlanden, weil er natürlich durch die Vergrößung

00:06:57: und dann gemerkt hat, wenn davon so ein bisschen Mundabstrich

00:07:00: so viel zu sehen ist, gut.

00:07:02: Er war ein anerkanter Wissenschaftler.

00:07:04: Er war in Korrespondenz oder wurde Mitglied der Royal Society in London.

00:07:08: Das war damals die renommierteste Wissenschaftsgesellschaft.

00:07:10: Er hat mit den Briefe ausgetauscht.

00:07:12: Das ist so wie heute ein hochrangiger Nature Science oder Lancet Artikel.

00:07:16: Also, ein anerkanter Mann nicht als Spinner abgetan.

00:07:19: Er hat die kleinen Tierchen animakula, also kleine Lebewesen,

00:07:22: Tierchen genannt.

00:07:23: Trotzdem kam keiner damals, auch er selbst, nicht auf die Idee,

00:07:26: dass er im Prinzip die Bakterien entdeckt hat.

00:07:29: 1673, 1975, an der Zeit.

00:07:32: Weil man an vier Säfte leere, an Gleichgewicht der Säfte,

00:07:35: glaubte, dass das der Grund ist, ob man krank oder gesund ist,

00:07:39: an irgendwelche üblen Dämpfe, Miasmen,

00:07:42: die die Pest- oder andere Krankheiten auslösen.

00:07:44: Und es hat 200 Jahre gedauert, bis Robert Koch, Louis Pasteur und andere,

00:07:48: 1870, 1978 herum.

00:07:51: Das Gleiche im Prinzip gemacht hat er nämlich unter Mikroskop-Erreger gesehen.

00:07:56: Dann aber den Schluss, na ja, die können ja krank machen und versucht haben,

00:08:00: damit dann Tiere zu infizieren und so weiter.

00:08:02: Und das war dann der Beweis.

00:08:03: Und 200 Jahre dazwischen ist eben nichts in dieser Richtung Wesenliches passiert.

00:08:08: Und das finde ich dann fasziniert.

00:08:10: Nicht so nach dem Motto, waren die doof damals,

00:08:12: wie sagen die, die es nicht kapiert,

00:08:14: sondern eher, wie stark waren die vorherrschenden Weltbilder,

00:08:18: die Gedankengebäude, so dass sie Neues nicht zugelassen haben.

00:08:22: Ein anderes Beispiel, Sie müssen mich unterbrechen,

00:08:24: unser brechen wir nicht so viel.

00:08:25: Bitte, Stück rede.

00:08:27: Lachgas wurde im Jahr 1800 synthetisiert, erfunden quasi.

00:08:33: Ein englischer Physiker, Chemiker, hat ein 500 Seiten dickes Buch darüber geschrieben,

00:08:38: über Lachgas.

00:08:39: Da gab es ein dickes Kapitel darüber,

00:08:41: das hat betäubende anesthesierende Eigenschaften.

00:08:45: Es gab ja noch keine Narkose.

00:08:46: Menschen wurden Jahrhunderte, Jahrtausende lang,

00:08:49: ohne Betäubungsmittel, nur mit sehr untauglichen Mittelalkohol

00:08:52: oder so Opiumschwemmen betäubtes.

00:08:55: Also in diesem Buchstand, das könnte Narkosemittel sein

00:08:59: und wörtlich für chirurgische Eingriffe

00:09:01: oder auch bei Zahnoperation.

00:09:03: Wörtlich stand schon drin.

00:09:04: Wörtlich.

00:09:05: Was gab es danach 45 Jahre lang?

00:09:07: Lachgaspartys.

00:09:09: Das heißt, es gab so große Ballons,

00:09:11: wo dann gibt es auch schöne Zeichnungen.

00:09:13: Ich habe einen Stich in dem Buch abgebildet,

00:09:16: wie aus einem großen Ballongefäß,

00:09:18: dann das Lachgas eingeatmet wurde

00:09:20: und dann haben die Leute rumgealbert, rumgetanzt.

00:09:23: 1845, 45 Jahre später, hat ein Zahnarzt

00:09:26: so eine Vorführung gesehen,

00:09:28: das haben zum Teil auch Schausteller auf der Bühne gemacht.

00:09:31: Er hat sich einer gewaltig am Bein verletzt,

00:09:33: hat eine tiefe Fleischwunde

00:09:35: und es hat einfach weitergetanzt.

00:09:37: Und er dachte, der Zahnarzt,

00:09:39: Hammer, der muss doch irgendwie tierische Schmerzen haben.

00:09:41: Oder das ist ein super Betäubungsmittel.

00:09:43: Er hat sich das besorgt, dieses Gas.

00:09:45: Er hat sie ein paar Tage später von einem Kollegen

00:09:47: an eitrigen Zahn ziehen lassen.

00:09:49: Ich habe nichts gemerkt, das war im Prinzip

00:09:51: die Erfindung der Narkose.

00:09:53: Es gab dann noch ein paar kleine Umwege,

00:09:55: aber im Prinzip 45 Jahre, unnötige Schmerzen.

00:09:58: Obwohl es, ich meine, das war ein Chemiker,

00:10:01: ein Wissenschaftler, auch nicht als Spinner abgetan,

00:10:04: aber es wurde einfach nicht angenommen, nicht wahrgenommen.

00:10:07: Dafür gibt es noch viele andere Beispiele,

00:10:09: wie sich große Geister wie Rudolf Wirchow

00:10:11: oder auch später Ferdinand Sauerbruch

00:10:13: massivst geirrt haben

00:10:15: und die eine Fehleinschätzung hatten,

00:10:17: weil es nicht in ihr Bild

00:10:19: und das Weltbild der Medizin passt.

00:10:22: Ich muss da kurz an eine Situation denken.

00:10:24: Es war natürlich inszeniert,

00:10:26: aber es gab ja diesen Film damals zurück in die Zukunft.

00:10:29: Und da gab es ja den Zeitpunkt in der Zukunft,

00:10:32: wohin die dann gereist sind, sozusagen,

00:10:34: so an wie sie sich dann auch die Zukunft vorstellen.

00:10:37: Also in der zweiten Teil war das erst so.

00:10:39: Und da haben die dann an dem Tag,

00:10:41: wo dann dieser Tag dann war,

00:10:43: haben sie dann der Jimmy Fallon Show,

00:10:45: haben sie dann da wirklich diese beiden Darsteller

00:10:47: mit dem Deloring da reinfahren lassen.

00:10:49: Und dann haben sie dann unter anderem

00:10:51: eben dann dem Professor

00:10:53: dann da eben halt ein Smartphone gezeigt

00:10:55: und dann meinte, oh, da könnte man ja die Quantenphysik neu berechnen

00:10:57: und sowas. Und was macht ihr damit?

00:10:59: Und dann so, Joa, wir machen Selfies

00:11:01: und gucken uns Katzenvideos an.

00:11:03: Ich komme mir gerade so vor,

00:11:05: weil sie sagen eigentlich, wenn man sich überlegt,

00:11:07: was für ein wahnsinnig potenten Schiff,

00:11:09: ich meine, ich habe gerade ein iPad in der Hand.

00:11:11: Wir alle haben, und wenn man sich dann anschaut,

00:11:13: dann kommt es eigentlich raus.

00:11:15: Und es kommt so ein bisschen mir vor wie ihre Lachkastparty.

00:11:17: Ja, schönes Bild, wobei natürlich

00:11:19: wir nutzen ja immerhin den Schiff.

00:11:21: Ich meine, das Lachkast wurde auch genutzt,

00:11:23: aber eben nicht für das, wofür es medizinisch

00:11:25: eine total relevante U-Karriere geschimpft hat,

00:11:27: aber irgendwann mal sich Katzenvideos anzuschauen.

00:11:29: Ich gucke keine Katzenvideos.

00:11:31: Na ja, oder noch schlimmer,

00:11:33: ich meine, es hat ja wirklich zu massiven Leid geführt,

00:11:35: Ignaz Semmelweis,

00:11:37: ein Geburtshelfer,

00:11:39: ein Gynäkologe, Arzt aus Wien.

00:11:41: 1848, 47, 48, entdeckt,

00:11:43: er hatte zwei Abteilungen

00:11:45: im allgemeinen Krankenhaus Wien,

00:11:47: angesehenes Krankenhaus,

00:11:49: eines der renommiertesten in Europa damals

00:11:51: oder bis heute sehr gut angesehen.

00:11:53: In der einen Abteilung sind die Frauen,

00:11:55: sind 2% der Frauen

00:11:57: an Kindbettfieber gestorben,

00:11:59: in der anderen 18 bis 20%.

00:12:01: Was war der Unterschied?

00:12:03: In der einen wurden die Frauen von Hebammen behandelt,

00:12:05: in der anderen

00:12:07: kamen die Medizinstudenten und Ärzte

00:12:09: direkt aus dem Leichensaal,

00:12:11: aus der Anatomie

00:12:13: und haben mit ihren ungewaschenen Leichenfingern

00:12:15: die Frauen unter der Geburt untersucht

00:12:17: und

00:12:19: haben damit

00:12:21: die Frauen angesteckt

00:12:23: und der Semmelweis hat das geahnt,

00:12:25: hat vom Kadavateilen

00:12:27: an den Händen der Ärzte gesprochen,

00:12:29: neue Medizinstudenten

00:12:31: und hat gesagt, hier, Chlorlösung, Hände waschen.

00:12:33: Der wurde gemobbt,

00:12:35: der wurde ignoriert,

00:12:37: der wurde lächerlich gemacht,

00:12:39: weil es hieß ja auch,

00:12:41: wir Ärzte sind die Dreckspatzen.

00:12:43: Wir, der Heilberuf,

00:12:45: machen die Frauen krank.

00:12:47: Er hat innerhalb weniger Wochen zeigen können,

00:12:49: dass auch in dieser anderen Abteilung,

00:12:51: wo 18 bis 20% Sterblichkeit waren,

00:12:53: die Sterblichkeit auf 1 bis 2% runtergingen.

00:12:55: Er hat im Prinzip ein wissenschaftlichen Beweis führen können,

00:12:57: wie gut das ist.

00:12:59: Er wurde, wie gesagt,

00:13:01: gemobbt, ausgegrenzt

00:13:03: von der Muster aus dem Krankenhaus

00:13:05: der große Würche,

00:13:07: den ich sehr schätze,

00:13:09: bedeutender Mediziner.

00:13:11: Damals gesagt, das wird wohl Trombose sein

00:13:13: oder am Winterwetter liegen,

00:13:15: wenn die Frauen sterben.

00:13:17: Also hat ihn auch quasi das nicht zu erkannt.

00:13:19: Später wurde der Semmelweis

00:13:21: als Retter der Mütter gefeiert,

00:13:23: aber er ist geistig umnachtet,

00:13:25: andere Quellen sagen,

00:13:27: sogar körperlich mishandelt,

00:13:29: mit Ende 40 gestorben

00:13:31: und hat zu Lebzeiten das nicht erlebt.

00:13:33: Und so lange hat er nicht mehr gelebt.

00:13:35: Bis das dann anerkannt wurde

00:13:37: durch einen schottischen Chirurgen,

00:13:39: der dann auch so mit Desinfektion antiseptes Hygiene

00:13:41: angefangen hat.

00:13:43: Auch wieder 20 Jahre unnötiges Leid,

00:13:45: unnötige Todesfälle,

00:13:47: weil man nicht zulassen wollte,

00:13:49: dass das stimmt, was der gesehen erkannt hat.

00:13:51: Mich erinnert das so ein bisschen

00:13:53: an die Geschichte von der Medikus.

00:13:55: Da war sowieso, ehrlich gesagt,

00:13:57: als ich ihr Buch in die Hand bekomme,

00:13:59: dachte ich so menschlich,

00:14:01: weil ich weiß nicht, Sie haben es wahrscheinlich gelesen.

00:14:03: Und da ist ja,

00:14:05: er hat ja diese Ausbildung

00:14:07: dann eben halt, die er da

00:14:09: mit nach England bringt

00:14:11: und dann erzählt er dann eben halt

00:14:13: durch die Sachen und einem,

00:14:15: dass die Viren sich über die Luft übertragen.

00:14:17: Und ich meine, das ist dann wirklich so,

00:14:19: für die Engländer dann so was wie Science-Fiction gewesen.

00:14:21: Wo die einfach sagen, ja ja, über die Luft.

00:14:23: Und das ist ja so, als ob er über die reden würde.

00:14:25: Ja, ich habe den Medikus

00:14:27: auch kurz zitiert, ein paar Passagen da drin,

00:14:29: weil wo er absolut Recht hat

00:14:31: und was er relativ gut nachzeichnet ist.

00:14:33: Man hatte eine Blütezeit

00:14:35: der Medizin in der Antike,

00:14:37: griechisch und römische Medizin.

00:14:39: Und da wurde auch dieses Lehrgebäude

00:14:41: von der Vierseftelehre eben

00:14:43: aufgestellt.

00:14:45: Es war im Prinzip so ein bisschen wie

00:14:47: Installateurhandwerk. Also Krankheit entsteht

00:14:49: durch den Ungleichgewicht der Sefte.

00:14:51: Blut, Schleim,

00:14:53: gelbe Galle, schwarze Galle.

00:14:55: Davon leiten sich bis heute die Begriffe

00:14:57: "Sangguinica" hat so viel Blut.

00:14:59: "Melancholiker" hat so viel schwarze Galle.

00:15:01: "Kolerek" hat so viel gelbe Galle.

00:15:03: Und "Phelegmatiker" hat so viel Schleim.

00:15:05: Wirklich?

00:15:06: Daher kommt diese Temperamentenlehre.

00:15:08: "Sangwiss", "Sangguinica", das ist das Blut.

00:15:10: Und "Phelegma" ist Schleim.

00:15:12: Also das sind alles die antiken Begriffe.

00:15:14: Und man hat eben gedacht, was muss man machen?

00:15:16: Wie gesagt, eigentlich zuführen,

00:15:18: abdichten,

00:15:20: aufschütten, rauslassen.

00:15:22: Also was hat man gemacht?

00:15:24: "Nadalass".

00:15:26: Was ja heutzutage immer noch bewiesen ist,

00:15:28: dass es ja der eine oder andere gute Geschichte hat.

00:15:30: Darauf, weil er auch gibt für "Nadalass".

00:15:32: Es gibt zwei Krankheiten, die sehr, sehr selten sind.

00:15:34: Da ist es sinnvoll bei einer Überproduktion

00:15:36: von bestimmten Anteilen des Bluts

00:15:38: und bei so einer Eisenüberladungsspeicherkrankheit.

00:15:40: Ist aber super selten.

00:15:42: Also sonst ist "Nadalass" eigentlich nicht zu empfehlen.

00:15:44: Einlauf.

00:15:46: Ludwig XIV.

00:15:48: Er soll Hunderte von Einläufe in seinem Leben

00:15:50: über sich ergehen lassen.

00:15:52: Und da freute er sich.

00:15:54: Nein, weiß ich nicht.

00:15:56: Das konnte ja auch ganz schön schwächend sein.

00:15:58: Also im Schröpfen und dann verschiedene Mittel von Diäten.

00:16:00: Und deswegen hat man dieses,

00:16:02: das andere Wissen auch lange nicht zugelassen.

00:16:04: Weil diese vier Säfte lehren im Prinzip bis 1800,

00:16:06: bis zum Beginn der wissenschaftlichen Medizin,

00:16:08: Pathologie, Anatomie,

00:16:10: vorherrschend war.

00:16:12: Und was ich eigentlich erzählen wollte,

00:16:14: aus diesem antiken Wissensschatz über die Medizin.

00:16:16: Da war aus heutiger Sicht einiges falsch.

00:16:18: Aber trotzdem war das,

00:16:20: da gab es da viele Dinge über den Körper,

00:16:22: über Pflanzen, Heilkunde,

00:16:24: die schon ganz vernünftig waren.

00:16:26: Das ist im finsteren Mittelalter.

00:16:28: Medizinisch muss man wirklich vom finsteren Mittelalter sprechen.

00:16:30: Verlohen gegangen.

00:16:32: Es haben aber die Heilkundigen aus dem Nahen Osten,

00:16:34: aus dem Orient,

00:16:36: konserviert.

00:16:38: Und der Rob Cole,

00:16:40: die Titelfigur aus dem Medikus,

00:16:42: geht ja von England,

00:16:44: wo quasi Europa, wo nur Stümper unterwegs sind,

00:16:46: ins heutige Gebiet des heutigen Iraks,

00:16:48: Syrien,

00:16:50: und dann...

00:16:52: Genau, und es geht da um Avicenna,

00:16:54: der wird auch erwähnt,

00:16:56: das war tatsächlich ein bekannter, berühmter Arzt.

00:16:58: Also, die gab es mehrere in dieser Zeit,

00:17:00: die so um 1100,

00:17:02: 1200 nach Christus

00:17:04: das griechische,

00:17:06: römische Wissen aufgeschrieben haben,

00:17:08: kompiliert zusammengeschrieben,

00:17:10: ergänzt haben und dann

00:17:12: quasi wieder zurück nach Europa gebracht haben

00:17:14: und dann in den Mittelmeer-Raum,

00:17:16: weswegen die ersten Universitäten und Medizinschulen

00:17:18: auch in Salerno, südlich von Neapel,

00:17:20: ist das,

00:17:22: und in Montpellier, auch nah am Mittelmeer

00:17:24: in Südfrankreich entstanden

00:17:26: und sich die ersten geistigen Zentren

00:17:28: dann im Spätmittelalter

00:17:30: und die ersten Universitäten in diesem Raum gebildet haben,

00:17:32: wo dann

00:17:34: die maurische,

00:17:36: arabische Kultur quasi in Kontakt kam

00:17:38: mit Christentum und Judentum,

00:17:40: also das war so ein Schmelztiegel dann auch des Wissens

00:17:42: und ich glaube, das antike Wissen

00:17:44: quasi wieder zurück nach Europa gebracht

00:17:46: und das ist im Medikus eigentlich sehr, sehr gut nachgezeichnet.

00:17:48: Ja, ich finde es so interessant,

00:17:50: weil ganz ehrlich gesagt so ein paar kritische Stimmen

00:17:52: gibt es ja auch über

00:17:54: unseren heutigen,

00:17:56: ich sage mal generellen Zustand,

00:17:58: den wir in Europa haben,

00:18:00: dass alle Hochkulturen irgendwann mal dann,

00:18:02: wenn sie zusatt waren, dann irgendwann gefallen sind

00:18:04: und genau dann das passiert ist

00:18:06: und wenn man sich das eben halt so anschaut,

00:18:08: was also, wenn man heute die Wahl hätte,

00:18:10: sagen wir jetzt mal, es war Irak,

00:18:12: eine Operation im Irak zu machen

00:18:14: oder in Deutschland, würden wir heute sagen,

00:18:16: ich glaube, für mich im Deutschland wohl also.

00:18:18: Ja, wobei natürlich dann gibt es wiederum Dubai,

00:18:22: wo aber das Geld

00:18:24: oder auch Saudi-Arabien, wo manche

00:18:26: deutsche Chefärzte in Ruhestand

00:18:28: oder auch noch nicht in Ruhestand

00:18:30: dann noch ihr kärgliches Einkommen aufbessern,

00:18:32: indem sie dort operieren.

00:18:34: Worauf ich hinaus möchte, wenn man sich das technologisch anschaut,

00:18:36: dann ist die höchste Dichte

00:18:38: an CyberKnives, also an diesen

00:18:40: Möglichkeiten der technologiegesteuerten

00:18:42: Chirurgie

00:18:44: ist in der Türkei zum Beispiel so.

00:18:46: Also man sieht, eigentlich auch da

00:18:48: gehen wir ja schon wieder in Richtung Orient,

00:18:50: also da, wo man es eigentlich fast gar nicht erwartet

00:18:52: oder auch, ich habe eine

00:18:54: Freundin, die macht

00:18:56: sehr viel von diesen ganzen,

00:18:58: ich sage jetzt mal, im weitesten Sinne

00:19:00: Medizintourismus, ab das klingt so dispektierlich,

00:19:02: die Sorge dafür ist,

00:19:04: die Leute da hingehen, wo sie

00:19:06: für das beste Preis-Leistungs-

00:19:08: Verhältnis manchmal, aber auch für das beste Ergebnis

00:19:10: generell, in welche Länder

00:19:12: man da gehen sollte. Und die sage ganz klar,

00:19:14: wenn ich jetzt eine

00:19:16: Haartransplantation machen wollte,

00:19:18: dann ist die Türkei

00:19:20: sowas von führend, weil

00:19:22: da eben halt wirkliche Künstler auch dabei sind,

00:19:24: die eben halt, weil das geht ja nicht nur darum,

00:19:26: dass man einen Fuykel dann irgendwie von A

00:19:28: nach B versetzt, sondern es ist auch noch in die

00:19:30: richtige Richtung schaut und da

00:19:32: hilft es einfach, wenn man Leute hat, die da

00:19:34: schon das

00:19:36: zigtausendmal gemacht haben.

00:19:38: Es scheint so ein großes Business zu sein,

00:19:40: ich überlege gerade, ob es bei einem Fußball

00:19:42: oder bei einem Basketball-Spiel, wo es dann auch

00:19:44: war, wo es dann auch Bandenwerbung dafür

00:19:46: gab, was wir auch schon

00:19:48: eine bestimmte Größe dann eben erstmal

00:19:50: von der Branche haben, was damit so

00:19:52: was dann bezahlt wird.

00:19:54: Das war Euro League Basketball, glaube ich.

00:19:56: Aber ich will nur einfach sagen, also

00:19:58: es ist schon interessant,

00:20:00: dass wir mittlerweile, ich war tatsächlich

00:20:02: mal auf so ein Multizienkongress in Dubai

00:20:04: und wenn man sich da anschaut, welche Player

00:20:06: da jetzt so auf Markt kommen,

00:20:08: da gehen wir, gucken wir erstmal mit der

00:20:10: Deutschen auch ganz drauf und wenn man sich

00:20:12: dann aber mal die Zahlen, Datenfakten anschaut,

00:20:14: dann sieht man auf einmal, okay, die sind

00:20:16: genau genommen, sind die weiter als wir.

00:20:18: Gut, es ist natürlich auch, wie soll ich

00:20:20: sagen, es ist natürlich auch sehr stark

00:20:22: Marktfinanz getrieben, klar.

00:20:24: Und wenn da das Geld ist, dann geht

00:20:26: da, zieht das viele Leute an

00:20:28: und das ist auch etwas,

00:20:30: wenn häufig über die Einflussnahme

00:20:32: im Medizinbereich gesprochen wird.

00:20:34: Wir reden immer vom Automobil an Deutschland.

00:20:36: Die Medizintechnik und Pharma Branche

00:20:40: ist genauso groß wie die Automobilbranche

00:20:42: und insofern ist das ein

00:20:44: Riesenmarktvolumen und eben was, wo viele

00:20:46: Leute daran denken

00:20:48: oder irgendwie das Vorhaben Geld zu verdienen.

00:20:50: Insofern gibt es da

00:20:52: viele, viele Interessen.

00:20:54: Ich möchte mal wieder zurückkommen auf Ihr Buch.

00:20:56: Sie hatten eben schon mal kurz dieses Thema

00:20:58: angesprochen. Würden Sie denn

00:21:00: sagen, also wir haben jetzt gelernt,

00:21:02: dass da immer noch der Sprachgebrauch

00:21:04: sozusagen stark von geprägt ist, aber

00:21:06: würden Sie grundsätzlich sagen, dass

00:21:08: wir aus der Viersachtlehre immer noch

00:21:10: etwas lernen können oder ist das wirklich

00:21:12: was fürs medizinische Museum?

00:21:14: Also die Viersäftelehre

00:21:16: hat, das war ja so ein

00:21:18: ganzes Sinnsystem, es wurde ja nicht nur

00:21:20: mit diesen Viersäften, die eben

00:21:22: je nach Zustand für Krankheit

00:21:24: oder Gesundheit gesorgt haben argumentiert,

00:21:26: sondern es wurde ja auch mit so,

00:21:28: es wurden die Elemente, es wurde

00:21:30: Erdefeuer, Wasserluft in so, das war

00:21:32: so ein Beziehungskreis quasi,

00:21:34: es wurde heiß und kalt

00:21:36: und feucht und trocken, also es wurden

00:21:38: ganz viele Zustände da eingeordnet.

00:21:40: Was interessant, aber Sie sich ja auch nehmen,

00:21:42: ayurvidischen Leere immer noch wieder.

00:21:44: Genau, insofern ist es auch etwas, was

00:21:46: natürlich dann, also dieser Anklänge, ich würde

00:21:48: eher sagen, viele alternative

00:21:50: Heilverfahren haben zum Teil

00:21:52: davon auch sich ein bisschen übernommen, also

00:21:54: ein Sinnsystem zu schaffen, in dem alles

00:21:56: mit allem irgendwie zusammenmengend.

00:21:58: Das ist

00:22:00: eine sehr alte Tradition im Aus der

00:22:02: Antike.

00:22:04: Ich glaube, was da besonders

00:22:06: draus, was man da mitnehmen kann,

00:22:08: vieles hat sich

00:22:10: aus medizinischer heutiger Sicht

00:22:12: als Falsche erwiesen, aber was man mitnehmen

00:22:14: kann, ist, dass eigentlich seit der

00:22:16: Antike bis vor kurzem Ausgewogenheit

00:22:18: moderatio, so ein gewisses

00:22:20: Gleichgewicht von, was auch immer,

00:22:22: jetzt nochmal nicht von diesen vier Säften reden,

00:22:24: dass das für die Gesundheit gut ist.

00:22:26: Genau, aber auch für die Lebensführung,

00:22:28: also nicht zu lang schlafen, nicht zu kurz,

00:22:30: nicht zu viel essen, nicht zu wenig, von

00:22:32: allem bisschen, und das hat eigentlich

00:22:34: sehr lange gegolten und da ist ja,

00:22:36: würde einem glaube ich jeder erfahrene

00:22:38: Art sagen, auch was dran.

00:22:40: Und jetzt finde ich es interessant, dass wir

00:22:42: ungefähr seit den 1970er, 80er Jahren

00:22:44: haben ja plötzlich so einen neuen

00:22:46: Absolutismus, Radikalismus.

00:22:48: Also es fing dann an mit low fat,

00:22:50: dann wurde, gab es sozusagen, die Achse

00:22:52: des Bösen.

00:22:54: Und fat war dann ja sowas wie das Nordkorea

00:22:56: unter den Lebensmittelbestandteilen

00:22:58: und wurde reduziert.

00:23:00: 2010 haben Ernährungsgesellschaften

00:23:02: schon wieder gesagt, nee, das bringt gar

00:23:04: nichts, wenn man das Fett reduziert

00:23:06: für die Gesamtgesundheit, die bestimmte

00:23:08: Krankheiten gehen nicht zurück. Dann war es

00:23:10: nach dem Fett, kam low carb, dann kam

00:23:12: irgendwann Salz, war der Bösewicht,

00:23:14: Lauterbach hat das ja dann auch

00:23:16: öffentlich immer wieder gesagt, dass er

00:23:18: im Empfang, dass sie keinen Salz ins

00:23:20: Nudelwasser tun sollen.

00:23:22: Medizinisch fragwürdig, weil ein gewisser

00:23:24: Salzgehalt wird auch als sinnvoll

00:23:26: und gesund akzeptiert.

00:23:28: Genau, Zucker, genauso auch fürs Gehirn,

00:23:30: ganz wichtig, dann wurde plötzlich Zucker

00:23:32: das neue Gift. Und dann, und das finde

00:23:34: ich immer faszinierend, das war eben auch

00:23:36: mit dem Motiv für das Buch, auch wenn wir

00:23:38: jetzt bei sehr zeitgenössischen Themen sind,

00:23:40: ist plötzlich seit einem halben Jahr oder Jahr

00:23:42: Alkohol. Ich meine, ich weiß seit

00:23:44: der Gymnasialzeit, dass Alkohol

00:23:46: ein Nervengift ist und dass es

00:23:48: ein Schadstoff ist.

00:23:52: Aber plötzlich wird es so getan,

00:23:54: als ob es neue Erkenntnisse gibt und

00:23:56: jetzt wird plötzlich jeder Schluck verdammt.

00:23:58: Und ich will überhaupt nicht Alkohol,

00:24:00: die Gefahren kleinreden. Es gibt

00:24:02: 50.000 Alkoholtote jedes Jahr in Deutschland.

00:24:04: Es gibt 1,7, 1,8 Millionen Alkoholiker

00:24:06: und bis zu 9 Millionen

00:24:08: Menschen in Deutschland wird ein riskantes

00:24:10: Trinkverhalten attestiert.

00:24:12: Trotzdem denke ich,

00:24:14: dass 40.000 bis 50.000.000 Erwachsene

00:24:16: darunter ich, haben es über

00:24:18: viele Jahre geschafft, ein vernünftiges,

00:24:20: sinnvolles, genussvolles

00:24:22: einen Umgang

00:24:24: mit Alkohol zu finden.

00:24:26: Aber jetzt ist es halt plötzlich, wird es

00:24:28: verteufelt und ist eben in der Ecke

00:24:30: des Bösen. Und das ist glaube ich was,

00:24:32: da hat fast

00:24:34: 2.000 Jahre lang dieses Ausgleich,

00:24:36: Moderatio-Mäßigung

00:24:38: gewirkt und heute haben

00:24:40: wir plötzlich so diese radikale Verbotskultur.

00:24:42: Manchmal kommen ja die Leute

00:24:44: auch wieder, also manchmal werden ja auch

00:24:46: gewisse Nahrungsmittel auch wieder

00:24:48: rehabilitiert. Also ich sag mal Eier zum Beispiel.

00:24:50: Also wenn man sich jetzt so, Sie sagen es gerade so,

00:24:52: Alkohol total

00:24:54: verteufelt, wenn man sich aber jetzt ganz, ganz

00:24:56: viel von diesen, also mein Instagram Feed

00:24:58: ist voll mit, wie gut es wäre

00:25:00: jeden Tag Eier zu essen.

00:25:02: Ja, ich hab ja, ich hab ein YouTube-Kanal,

00:25:04: in dem ich versuche

00:25:06: ruhig sachlich über

00:25:08: medizinische Sachverhalte aufzuklären

00:25:10: und mein mit Abstand erfolgreichstes Video ist das

00:25:12: über Eier. Ich hab's einfach gar nicht verstanden,

00:25:14: aber es ist natürlich so, dass

00:25:16: unsere Eltern-Generationen oder vielleicht

00:25:18: auch viele so Mittelalter heute

00:25:20: gelernt haben, oh, Eierböse-Kolesterien

00:25:22: und medizinisch weiß man schon länger,

00:25:24: das verändert den,

00:25:26: beeinflusst den Kolesterinspiegel kaum.

00:25:28: Eier sind nicht schädlich, sondern

00:25:30: tendenziell gesund.

00:25:32: Also da hat eine Umkehr stattgefunden, aber

00:25:34: das ist jetzt plötzlich so viele beschäftigt,

00:25:36: wie Sie sagen.

00:25:38: Und da muss man ja wirklich so sagen,

00:25:40: also ich esse seit

00:25:42: wirklich vielen Jahren

00:25:44: versuche ich wirklich insbesondere

00:25:46: auch Hühnerfleisch nicht zu essen,

00:25:48: weil ich einfach diese Bilder im Kopf habe,

00:25:50: da wirklich so einen ganzen Antibiotiker

00:25:52: verseuten, also Hühnerfleisch, guten Fleisch,

00:25:54: das ist für mich wirklich so was, wo ich immer

00:25:56: immer so denke, oh Gott, oh Gott, oh Gott, oh Gott,

00:25:58: also los los vom Tierwohl sag ich mal so,

00:26:00: wo ich einfach denke immer so, meine Güte,

00:26:02: da kann ich auch gleich ein Antibiotik umschlucken.

00:26:04: Und auf der anderen Seite

00:26:06: ist jetzt auf einmal dann wirklich so

00:26:08: ein Eierhype, also wo man dann denkt,

00:26:10: na ja, also wenn man das eine

00:26:12: nicht will, weil die Großteil der Eier

00:26:14: kommen ja auch aus irgendwelchen Legebatterien.

00:26:16: Also herzlich Grüße an meinem Vater, der versorgt

00:26:18: mich immer mit, weil der eigene Hühner hat mit

00:26:20: seinen Eiern, aber von daher

00:26:22: esse ich die gerne und viel,

00:26:24: aber diese

00:26:26: Industrieeier, also bis hin zu dem,

00:26:28: was ich gerade wieder letztes Morgen

00:26:30: am Hotel hatte, dieses

00:26:32: Pulverrührei.

00:26:34: Das ist ja wirklich so das Böse.

00:26:36: Ja, das ist ganz Böse dann irgendwie so was so.

00:26:38: Also ich glaube einfach, genau was ich sagen,

00:26:40: dieses Radikale, auf einmal so,

00:26:42: nicht jetzt ein Eier gut essen jeden Tag Eier,

00:26:44: dann würde ich auch wieder sagen,

00:26:46: warte mal eben.

00:26:48: Ja, auf meinen YouTube-Video gab es dann irgendwie

00:26:50: zig Hunderte Reaktionen und dann ganz viele,

00:26:52: die so schreiben, ich esse fünf Eier am Tag.

00:26:54: Ich, mein hab ich gar nicht gesagt,

00:26:56: ich hab nur gesagt, Eier sind okay, sind gesund,

00:26:58: sprich nicht dagegen, den Tag ein zu essen

00:27:00: oder auch mal zwei, wie das alte Lied

00:27:02: und am Sonntag zwei.

00:27:04: Und dann kam plötzlich aber so die,

00:27:06: acht Eier am Tag, also fast so ein

00:27:08: Überbietungswettbewerb, genau.

00:27:10: Und es scheint aber auch bei Menschen

00:27:12: da irgendwie das Bedürfnis zu geben.

00:27:14: Und das ist, also wir reden jetzt über

00:27:16: aktuelle Trends, aber das fand ich so

00:27:18: faszinierend, was mich zu diesem Buch bewegt hat.

00:27:20: Das gab es schon immer

00:27:22: und es hat manchmal zu irrsinnigen

00:27:24: Verzögerungen auch von Therapien,

00:27:26: von Heilungen geführt.

00:27:28: Manchmal haben diese Weltbilder, wie die

00:27:30: 1.600 Jahre gehalten,

00:27:32: da wurden

00:27:34: Entdeckungen, Innovationen,

00:27:36: da hat man die Leute dann entweder

00:27:38: ihnen nicht geglaubt oder sie nicht wahrgenommen

00:27:40: oder man hat sie beschimpft

00:27:42: und sagt, nein, das verstößt gegen die Leere.

00:27:44: Es gab einen berühmten

00:27:46: italienischen Atomen, Andreas Vesalius,

00:27:48: viele kennen vielleicht

00:27:50: den Namen nicht, aber diese Zeichnung,

00:27:52: wo so ein Muskelmann also quasi enthäutet,

00:27:54: man sieht nur seine Muskeln und er hat

00:27:56: quasi seine Haut so lässig über den Arm

00:27:58: und wie ein Mantel geworfen.

00:28:00: Er steht so in toskanischer Landschaft.

00:28:02: Also auch wunderbar gezeichnet sind Kunstwerke.

00:28:04: Und der Vesalius,

00:28:06: so sein Lateinischer Name,

00:28:08: latinisierter Name,

00:28:10: der hat auch ganz viele anatomische

00:28:12: Entdeckungen gemacht, die das alte

00:28:14: Bild aus der Antike infrage gestellt haben.

00:28:16: Er war ein toller Forscher

00:28:18: und wurde dann zum Teil

00:28:20: angefeindet und sein eigener Lehrer,

00:28:22: Universitätsprofessor, hat gesagt,

00:28:24: wenn das kann nicht stimmen,

00:28:26: weil dann würde ja die alte Lehre falsch sein.

00:28:28: Er hat sich seit der Antike

00:28:30: in den 1500 Jahren

00:28:32: bis zu der Zeit, es war so 15.

00:28:34: 16. Jahrhundert,

00:28:36: hat sich der Mensch verändert.

00:28:38: Also der hat jetzt was, als das

00:28:40: die Lehre falsch sein könnte.

00:28:42: Also der hat jetzt anatomisch was anderes

00:28:44: gesehen als die damals, aber das liegt

00:28:46: nicht daran, dass die sich damals geirrt haben.

00:28:48: Ja, ja, ja, das ist,

00:28:50: naja, also.

00:28:52: Ja, bei diese Dominanz

00:28:54: von solchen Vorstellungen,

00:28:56: von Bildern, Vorurteilen,

00:28:58: die faszinieren mich und die,

00:29:00: das sieht man ja auch in der Alltagskultur.

00:29:02: Also ich hab parallel

00:29:04: zur Medizingeschichte und Germanistik

00:29:06: studiert, und damals

00:29:08: hab ich gesagt, wenn mich jemand gefragt hat,

00:29:10: weil ich später mal Arzt Romanisch schreiben will,

00:29:12: diese Koschenhefte, Nachtschwester Ingeborg

00:29:14: oder so. Aber ich finde,

00:29:16: nein, sollte

00:29:18: einfach nur heißen,

00:29:20: es ist aus Interesse,

00:29:22: eine Absicht nicht interessiert ist.

00:29:24: Und da in dem Buch zeige ich ja zum Beispiel,

00:29:26: wie sich mit dem Aufkommen

00:29:28: der Anatomie und Pathologie um 1800,

00:29:30: vorher war das verpönt,

00:29:32: die Kirche hat gesagt, soll man nicht machen,

00:29:34: nur bei zum Tode verurteilten Straftätern

00:29:36: oder bei Leuten die Suizid begangen haben.

00:29:38: Aber um 1800 brach das auf

00:29:40: und dann gab es immer mehr

00:29:42: Sektionen, Obduktionen, Leichenöffnungen,

00:29:44: erst Wienerschule, Parisaschule

00:29:46: und ein Germanist hat nachgewiesen,

00:29:48: wie in den frühen Fassungen

00:29:50: von Schneewittchen,

00:29:52: Schneewittchen in ein Tuch gewickelt wird

00:29:54: oder in ein Holzsaar gelegt.

00:29:56: Und ab 1812 parallel

00:29:58: zum Buben der Obduktionen

00:30:00: liegt Schneewittchen, so wie wir es gerne im Glas sag.

00:30:02: Und dann kam plötzlich

00:30:04: diese Scheintoddebatte auf,

00:30:06: die Angst lebendig begraben zu werden.

00:30:08: Edgar Allen Poe hat da viele Kurzgeschichten

00:30:10: so um lebendig begraben werden,

00:30:12: wo es darum geht, es gab plötzlich

00:30:14: Sicherheitsserge,

00:30:16: weil die Leute Angst hatten, lebendig begraben zu werden,

00:30:18: wurden sehr gekonstruiert,

00:30:20: in denen es ein Glöckchen gab.

00:30:22: Und da habe ich eine Abbildung von im Buch

00:30:24: mit so einem Rohr für die Sauerstoffzufuhr.

00:30:26: Wenn man sich nicht sicher war,

00:30:28: ob man tot war, konnte man noch bibbeln.

00:30:30: Das war eine reale Angst.

00:30:32: Also ich sage das nicht um mich drüber lustig zu machen,

00:30:34: sondern um zu zeigen,

00:30:36: diese vielen Obduktionen dann,

00:30:38: das hat sich auch in der Bevölkerung rumgesprochen

00:30:40: und plötzlich gab es neue Ängste

00:30:42: und Befürchtungen und hier die

00:30:44: Berliner Salondame

00:30:46: und Schriftstellerin Rachel Farnhagen.

00:30:48: Die hatte auch Angst davor

00:30:50: und die hat sich dann in einem Sarg

00:30:52: aus grünen Glasbausteinen

00:30:54: beerdigen lassen.

00:30:56: Beerdigen ist falsch, bestatten,

00:30:58: weil sie wollte, dass der Oberirdisch

00:31:00: erstmal steht

00:31:02: und damit sie wirklich sicher sein konnte,

00:31:04: dass sie auch tot ist, 20 Jahre lang

00:31:06: Oberirdisch, bevor der in die Erde gelassen werden sollte.

00:31:08: Aus Angst, da wäre noch was.

00:31:10: Das zeigt sich, wie gesagt,

00:31:12: in sowas wie Schneewittchen,

00:31:14: das zeigt sich,

00:31:16: Sie merken die Begeisterung,

00:31:18: aber Frankenstein ist so um 1816-17

00:31:20: entstanden,

00:31:22: Frankensteins Monstern.

00:31:24: Das war ja im Prinzip auch das,

00:31:26: aus leichten Teilen, aus toten Teilen

00:31:28: soll lebendiges erschaffen werden.

00:31:30: Wodurch wird

00:31:32: Frankensteins Monster lebendig gemacht

00:31:34: durch einen Blitzschlag.

00:31:36: Kurz vorher war der Blitzerbleiter

00:31:38: und die Batterie erfunden worden.

00:31:40: Es nimmt die wissenschaftlichen Strömungen

00:31:42: sich aktuell auf

00:31:44: in dieser Farbe

00:31:46: oder in dieser Parabel, die natürlich

00:31:48: für Technik, die uns entgleist steht,

00:31:50: noch viel mehr, aber eben auch

00:31:52: mit der zeitgenössischen Wissenschaft.

00:31:54: Es ist ja sehr häufig, wenn man sich so einige

00:31:56: von den wirklich großen Bestzellen

00:31:58: und Werken anschaut, die sind ja sehr häufig

00:32:00: dann von technischen Fortschritt vorangetrieben.

00:32:02: Also ich weiß noch auch so,

00:32:04: der 80 Tage um die Welt lag natürlich

00:32:06: auch an der großen Verbreitung

00:32:08: der Eisenbahn.

00:32:10: Das ist ja ein Buch gewesen,

00:32:12: was sozusagen die Zeitgeist sehr stark aufgenommen hat.

00:32:14: Genau, das ist ja einerseits das tolle,

00:32:16: grundsätzliche Fragen, wie natürlich

00:32:18: günstig jetzt bei Frankenstein

00:32:20: oder bei Natur

00:32:22: und Technik, Maschine,

00:32:24: Leben und Tod,

00:32:26: Strom und Pathologie

00:32:28: und Anatomie und wo sie sagen

00:32:30: in 80 Tagen um die Welt, Eisenbahn,

00:32:32: tolles Beispiel.

00:32:34: Als die Eisenbahn, ich glaube das war ein

00:32:36: Ende 1830er, 40er

00:32:38: und dann setzte ich das

00:32:40: ja in den 1860er, 70er

00:32:42: Jahren weiter durch.

00:32:44: Und dann wurden die Eisenbahnen schneller.

00:32:46: Es dauerte glaube ich noch ein bisschen, bis die auf 100 km/h

00:32:48: kamen.

00:32:50: Aber die fuhren dann irgendwann 60, 70 oder 80

00:32:52: und das war ungewohnt,

00:32:54: weil dieses Tempo hat vorher niemand erreicht.

00:32:56: Laufend fährt oder laufend

00:32:58: oder mit der Kutsche kutschen, fuhren glaube ich noch 15

00:33:00: oder 20 km/h, höchstens.

00:33:02: So, was gab es dann

00:33:04: und das finden sie in

00:33:06: vielen Fachzeitschriften, Lancet gab es damals

00:33:08: schon oder in Medizinbüchern,

00:33:10: die Eisenbahnenkrankheit.

00:33:12: Ach!

00:33:14: Das war ein riesen Thema, gibt es sich Fachartikel

00:33:16: so in 1870er, 80er Jahren

00:33:18: und zwar die Menschen

00:33:20: waren überfordert durch die Geschwindigkeit

00:33:22: und durch dieses schnelle

00:33:24: vorbeirauschende Landschaft und das Gerüttel

00:33:26: und da sind Beschreibungen, da denkt man,

00:33:28: da sind Todkranke, die aus dem Zug steigen.

00:33:30: Aber interessant, interessant.

00:33:32: Die neue Technik also überfordert und ich weiß

00:33:34: nicht, wie es Ihnen ging. Ich weiß noch, als ich das

00:33:36: erste Mal, ich habe mir ein Frankreich

00:33:38: studiert, TGW gefahren

00:33:40: bin und vorher hatte man hier

00:33:42: irgendwie unseren deutschen D-Zug

00:33:44: oder so, ist ein bisschen her und dann

00:33:46: fuhr man damit 300. Ich war kurz ein bisschen,

00:33:48: es war neu. Ja, ich bin nicht

00:33:50: krank geworden, ich wusste ja, was das ist, aber

00:33:52: jedenfalls das Tolle an dieser Eisenbahnenkrankheit

00:33:54: ist jetzt wieder, gab es so

00:33:56: vielleicht schwer zu sagen, 10 Jahre, 12, 15

00:33:58: Jahre lang, wirklich Fachdiskussionen

00:34:00: unter Medizinern, nicht jetzt

00:34:02: mehr sein und dann, da gibt es

00:34:04: ein tolles Buch von einem Kollegen,

00:34:06: dann wurde das

00:34:08: Empfinden abgepolstert, hat er

00:34:10: geschrieben, in zwar, indem man

00:34:12: Polster statt

00:34:14: Holzsitze gemacht hat, also man hat

00:34:16: weicher gesessen, man hat das schnelle

00:34:18: Vorbeirauschen der Landschaft zum Genuss

00:34:20: erklärt, Panorama-Fenster

00:34:22: und Speisewagen, also man hat das quasi

00:34:24: umgedeutet und dann kam

00:34:26: natürlich auch die Gewöhnung, dass immer mehr gefahren

00:34:28: sind, man die Vorteile gesehen hat und

00:34:30: dann hat man fast nur drüber schmunzeln können,

00:34:32: dass es sowas mal gab, aber

00:34:34: finden sie in Lexika Medizinbüchern

00:34:36: um 1870, 1880

00:34:38: dazu, weil es unmittelbar

00:34:40: passt, im Ersten Weltkrieg gab es

00:34:42: gibt noch so verwackelte schwarz-weiß

00:34:44: Aufnahmen Kriegszitterer,

00:34:46: also das was man heute als

00:34:48: posttraumatische Belastungsstörung

00:34:50: bezeichnen würde, wenn die Leute furchtbare

00:34:52: Dinge erlebt haben, da gab es

00:34:54: damals, sieht man diese Menschen, die dann

00:34:56: in größten Teilen der Psychiatrie waren, die

00:34:58: im ganzen Körper Beben und Zittern

00:35:00: und Wackelen, die haben aber

00:35:02: keine, sozusagen die hat man

00:35:04: für Simulanten gehalten, obwohl die

00:35:06: aus heutiger Sicht eben schwer

00:35:08: traumatisiert waren und weil das aber

00:35:10: keine Anerkennung, keine Entsprechung

00:35:12: fand, gab es das im Zweiten

00:35:14: Weltkrieg, wo die Traumatisierung sicher

00:35:16: noch mindestens so und viel schlimmer

00:35:18: waren, gab es das nicht mehr, aber es

00:35:20: gab sogenannte Ulkus-Kompanien,

00:35:22: so wurden die genannten, Ulkus

00:35:24: Kompanien, Ulkus ist der Fachbegriff

00:35:26: für Magengeschwür, das heißt

00:35:28: und das war was Reales, also das war

00:35:30: genau so ein Ausdruck von ihrer

00:35:32: Traumatisierung, von ihren furchtbaren

00:35:34: Erfahrungen, aber es hat sich dann

00:35:36: sozusagen verschoben und so gibt es

00:35:38: auch zeittypische

00:35:40: Krankheiten, die, wie gesagt, ich mach

00:35:42: die - heute würde man

00:35:44: VR-Signis, also Virtual Reality

00:35:46: Krankheiten, gibt es ja auch Leute,

00:35:48: wo im Grunde meine ich, dass

00:35:50: die Virtual Reality-Brille

00:35:52: und dann sozusagen die Bewegung, nicht

00:35:54: sondern die Synchronen sind, hat man

00:35:56: ja auch dieses Problem, also wahrscheinlich würde man

00:35:58: in 50 Jahren, 100 Jahren

00:36:00: auch mal über dieses Thema VR-Signis

00:36:02: dann wieder lachen. Ja oder eben es gibt

00:36:04: Sick Building Syndrome, Leute, die denken,

00:36:06: dass aus den Wänden, aus der Umgebung

00:36:08: überall gefährliche Dämpfe kommen

00:36:10: und dass die sie krank machen, auch wenn

00:36:12: da sich mal irgendwelche Behörden

00:36:14: und Messungen und sonst wie stattfinden und

00:36:16: da nichts ist, die sind einfach überzeugt

00:36:18: davon oder Elektrosmocker gelassen,

00:36:20: die Angst davor war vor 20 Jahren.

00:36:22: Also 3G eingeführt wurde

00:36:24: und man dann irgendwelche frittierten

00:36:26: Bilder von so frittierten

00:36:28: Vögeln, die dann irgendwie in 3D

00:36:30: Strahlung ausgesetzt waren,

00:36:32: da gab es so Videos richtig zu

00:36:34: und da hat man gesagt,

00:36:36: mit Einführung von 3G

00:36:38: geht die Welt unter. So, heute

00:36:40: sind wir bei 5G.

00:36:42: Also es ist, lehm ich ja noch, glaube ich.

00:36:44: Ja oder auch Handy,

00:36:46: Hirnkrebs, Hirntumore durch

00:36:48: Handystrahlung ist

00:36:50: so weit man weiß,

00:36:52: wirklich alles entkräftet, aber war ja auch mal

00:36:54: ganz stark, also neue Technik

00:36:56: und da gab es tolle

00:36:58: Studien, die gezeigt haben, dass selbst wenn Leute

00:37:00: täuschend echte Handy ertrappen hatten

00:37:02: und hinterher hat man gefragt,

00:37:04: die mit ertrappen und die mit echten

00:37:06: Handys, dann haben die ähnliche Symptome

00:37:08: geschildert, wenn die überzeugbar und das

00:37:10: erschädlich ist, also ja, Kopfschmerzen,

00:37:12: Unwohlsein und die hatten ertrappen, da war

00:37:14: weder eine Batterie und kein Empfang,

00:37:16: nichts drin, aber es sah halt täuschend

00:37:18: aus. Ja, ich hatte jahrelang auch so ein

00:37:20: Chip hinten drauf, so ein Memon hieß

00:37:22: der, glaube ich, und ich hatte richtig

00:37:24: so Bilder dazu, wie sich sozusagen durch

00:37:26: die Strahlung die Blutplättchen wie so

00:37:28: kleine Geldscheine zusammenrollten

00:37:30: und mit diesem Chip, das dann natürlich

00:37:32: nicht passiert. Ich möchte mal kurz auf

00:37:34: Ihr Buch zurückkommen, Sie schreiben

00:37:36: "Gesundheit ist ein Zustand der

00:37:38: Selbstvergessenheit". Was heißt das konkret

00:37:40: für unseren Alltag, wo wir irgendwo

00:37:42: zwischendurch, ich sage es mal selbst

00:37:44: Optimierung und Fitness-Träcker leben? Ja,

00:37:46: weil es da wunderbare Beschreibung gibt

00:37:48: Hans-Georgadama Heidelberger Philosoph,

00:37:52: der über 100 geworden ist, hat diesen

00:37:54: Satz geprägt, dass sich quasi Gesundheit

00:37:56: so ähnlich wie Glück und Liebe eigentlich

00:37:58: besonders im Zustand der

00:38:00: Selbstvergessenheit ereignen. Also wenn ich

00:38:02: mich ständig frage, ob ich glücklich bin,

00:38:04: bin ich es eigentlich schon nicht mehr.

00:38:06: Ich ständig mich frage, ob bin ich noch

00:38:08: verliebt in diese Frau, diesen Mann. Eigentlich

00:38:10: auch schon nicht mehr. Und mit Gesundheit

00:38:12: genauso, deswegen ist es auch, ich finde

00:38:14: ich bin ein Schwerwanderer, ich möchte

00:38:16: gesünder leben. Ist ein komisches Wort,

00:38:18: ich bin ja wer gesund oder ich bin

00:38:20: es halt nicht. Aber diese

00:38:22: Selbstvergessenheit, ah so, da gibt es

00:38:24: noch ein tolles Bild, was ich auch

00:38:26: zitiert habe, also ein tolles Zitat

00:38:28: von dem französischen Chirurgen, der

00:38:30: hat gesagt, Gesundheit ist das, was

00:38:32: ich ereignet im Schweigen der Organe.

00:38:34: Ich finde, ich bin nicht wunderbar

00:38:36: und es, aber wir lassen das natürlich

00:38:38: immer selten dazu.

00:38:40: Weil wir ständig denken, oh ich darf

00:38:42: jetzt ein Pizzel essen, obwohl ich Lust habe,

00:38:44: ich darf jetzt nicht hier diese Cola,

00:38:46: es ist Wasser, trinken, das ist böse,

00:38:48: das ist schlecht. Ich muss was tun für

00:38:50: meine Fitness. Also wir sind ja, oder

00:38:52: viele von uns sind ja ständig damit

00:38:54: beschäftigt und das ist glaube ich nicht

00:38:56: unbedingt gesund, dieses sich ständig

00:38:58: auch an der Gesundheit arbeiten wollen,

00:39:00: was für ein komisches Bild.

00:39:02: Und wir werden natürlich ständig

00:39:04: bombardiert von außen mit Tudis, mach

00:39:06: das, lass das

00:39:08: und werden kaum in Ruhe gelassen

00:39:10: und es ist natürlich auch so, dass

00:39:12: durch viele Vorsorgebemühungen

00:39:14: und auch durch Senkung

00:39:16: von Grenzwerten es

00:39:18: inzwischen fast ein Kontinuum ist.

00:39:20: Also es gibt den zynisch klingenden

00:39:22: Spruch von Ärzten, es gibt

00:39:24: keine gesundenen Menschen, die nicht

00:39:26: ausreichend genug untersucht worden sind.

00:39:28: Und es gibt natürlich auch immer

00:39:30: mehr sogenannte Vorerkrankungen

00:39:32: Prä-Diabetes, Prä-Allzheimer, Prä-Hypertonie, also so ein bisschen wehret den Anfängen.

00:39:37: Du hast es zwar noch nicht, aber es geht in die Richtung und damit werden wir natürlich

00:39:41: ständig in so einen Voralarm versetzt, der uns gar nicht mehr einfach nur platt gesagt

00:39:47: das Leben genießen lässt und einfach machen lässt, weil uns geht es ja eigentlich noch,

00:39:53: meistens von uns geht es ja gut.

00:39:55: Definitiv, ich würde da jetzt so sagen, das ist natürlich jetzt so, ich bin sehr stark

00:40:02: in dieser ganzen Longevity-Thematik so drin und da fragen mich immer Leute, ja aber willst

00:40:08: du nicht auch noch leben?

00:40:09: So und ich sage ganz ehrlich für mich, alles was ich da tue, tue ich in dem Maße, wie

00:40:14: ich mich damit gut fühle, so, das heißt also ich mache einfach gerne Sport, so und ich

00:40:20: habe jetzt mittlerweile dann einfach gelernt, dass nur laufen, manchmal nicht reiht, sondern

00:40:24: Kraft-Sport auch noch wichtig ist, mittlerweile, ich mache beides einfach gerne, aber ich

00:40:28: mache darüber hinaus auch noch Sachen, ich habe jetzt gerade hier, ich wohne in Hamburg

00:40:31: und in Berlin und habe jetzt mein Tennis-Lehrer wieder geholt, will jetzt mal wieder ein bisschen

00:40:34: Tennis spielen, gehe regelmäßig laufen, gehe regelmäßig Kraft-Bürg, aber nur um diese

00:40:40: eine Fitness-Komponent zu sehen, ich mache das nicht aus einem "Ich muss", sondern was

00:40:45: mir Spaß macht und weil es mir danach auch, ich mich meistens auch direkt gut fühle, das

00:40:49: heißt also es ist ja nicht, wie ich immer sage, es ist ja nicht der Apfelbaum, der mich erst

00:40:53: in vielen Jahren dann irgendwie mal was ernten lässt, sondern das ist etwas, wo ich heute,

00:40:58: wenn ich heute so ein Sport gehe, fühle ich mich heute besser.

00:41:00: Das ist aber glaube ich ein ganz entscheidender Punkt.

00:41:04: Das eine ist, ich hatte mal das Glück, einen Nobelpreisträger zu interviewen, Mediziner,

00:41:10: der hat aber nicht Medizin, sondern den Friedensnobelpreis bekommen, Bernard Laun,

00:41:13: heißt er, hieß er, ist gestorben mit weit über 90, der hat den Defibrillator mitentwickelt,

00:41:21: die Herzrhythmostörung, die Einteilung, ist nach ihm, nach Laun benannt, also Haber-Kardiologe,

00:41:27: der auch ein Medizinnobelpreis verdient hätte, aber er hat auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges

00:41:30: zusammen mit einem russischen Kollegen, die IPPNW gegründet, das ist diese ärztliche

00:41:35: Vereinigung zur Verhinderung eines Atomkriegs, also wir Ärzte müssen uns einsetzen um Krieg

00:41:41: zu verhindern, wir sind die, die im Kleinen heilen und wir müssen auch im Großen heilen

00:41:45: und das hat er als Amerikaner mit einem Russen Ende der 70er Jahre und dann gab es eben den

00:41:50: Friedensnobelpreis, so und der saß mit mir in Frankfurt im Garten und wir haben ein

00:41:55: langes Gespräch gehabt, dann habe ich gesagt, so Dr. Laun, Professor Laun, Joggen, Sport

00:42:00: und so, ist das denn gesund? Und ich dachte, Kardiologe sagt natürlich sofort, ja, was

00:42:04: hat er gesagt? In so einem tollen John Wayne-Bus, wenn es Spaß macht, unbedingt, weil das ist

00:42:10: gesund, die Freude daran, wenn man das gerne macht und dann hat es noch viel mehr positive

00:42:15: Auswirkungen. Und da bin ich sofort dabei, wenn wir es Spaß machen, ich mache auch sehr

00:42:19: gern Sport, ich laufe, ich fahre Rennrad, aber ich mache es nicht sozusagen, ich muss es

00:42:26: ja, weil ich muss was für meine Gesundheit tun und das ist glaube ich ein ganz entscheidender

00:42:30: Unterschied. Ich glaube auch, gesund ist das, was Spaß macht, ist schon sehr, sehr wichtig.

00:42:35: Genau, ja. Und deswegen absolut richtig, was Sie sagen, auch dieses, ich habe mal wirklich,

00:42:41: ich hatte jetzt ein paar Gespräche zu viel zum Thema kein Alkohol trinken. Das tut mir

00:42:46: leid. Ja, mir auch, weil ich habe so ein bisschen die Leichtigkeit verloren, was das betrifft.

00:42:51: Also ich trink wirklich sehr, sehr wenig nur noch. Und trotz allem gibt es so Situationen,

00:42:56: wo ich dann wirklich, wo ich eine Zeit lang dann merkte, wenn ich dann, als ich so ganz

00:42:59: kategorisch auf gar keinen Fall sagte, dass es zu mir mich in eine Position gebracht hat

00:43:07: manchmal, die mir und meinem Charakter gar nicht so entspricht. So. Und schöner Punkt.

00:43:13: In diesem Punkt, gerade gestern Situationen gehabt, mir war wirklich nicht unbedingt nach

00:43:17: Alkohol, aber ein Freund von mir hat gerade sehr, sehr großen Liebeskummer dann gehabt

00:43:23: und wollte dann wirklich mit mir das irgendwie so erzählen, als erstes, als er reinkam, dann

00:43:27: Kummer erseufen. Ja, nein, aber er brauchte das, glaube ich, dann dem. Als erstes dann

00:43:31: zwei Bier bestellt. Einfach mal ungefragt. Und in so einer Situation dann zu sagen, sorry,

00:43:38: du musst beide trinken, weil ich kann das jetzt nicht und so was alles, ist der falsche Start

00:43:43: für so einen Moment. So, da gibt es jetzt wahrscheinlich genügend Leute, die sagen, ja, wie kannst

00:43:46: du jetzt dieses Zellgift in dich rein tun und keine Ahnung was. Da sage ich mir auch so,

00:43:49: meinig bitte, ich habe in diesen letzten 50 Jahren, nicht in den ganzen 50 Jahren, aber

00:43:54: sagen wir in den letzten 30 Jahren, so häufig zu viel getrunken, da wird dieser eine Abend

00:43:59: jetzt irgendwie auch nicht mehr den Unterschied machen. Und deswegen glaube ich tatsächlich,

00:44:03: also man muss das alles, diese Radikalität, einfach so kategorisch zu machen, wenn es

00:44:10: einem dadurch an einer anderen Stelle sozusagen schlecht geht und mental ist sozusagen, weil

00:44:15: man dann eben für seinen Freund nicht so da sein kann, wie man dann gerne möchte, dann

00:44:19: glaube ich ist das auch nicht gesund. Nee, und es ist, also ich hatte kein Problem auch

00:44:24: schon zu Oberstufenzeiten oder zu Studienzeiten, wenn ich keine Lust hatte, Alkohol zu trinken,

00:44:29: dann habe ich das gesagt und dann musste ich das auch nicht großrecht fertigen, weil ich

00:44:32: hatte keine Lust. Punkt. In anderen Momenten habe ich halt ein bisschen oder auch mal mehr

00:44:36: oder viel getrunken, also jeder, wie er mag, aber wie gesagt, da haben wir so eine neue

00:44:42: Radikalität und es gibt so eine New Yorker Ernährungswissenschaftler, geht jetzt nicht

00:44:45: um Alkohol, aber eben so um Fettreich, Fast-Food und so weiter. Das ist ja an sich auch nicht

00:44:51: schädlich, es kommt halt darauf an, dass man, wenn man das regelmäßig macht und oft sind

00:44:55: es die Lebensumstände der Leute, die häufig Fast-Food und Limo und so weiter zu sich nehmen,

00:45:00: die viel, viel schlimmer sind als das Essen an sich, weil das häufig halt aus bestimmten

00:45:06: Einkommens- und niedrigeren Bildungsschichten ist und das ist ungesund und macht krank

00:45:10: und nicht der Bürger allein. Auf jeden Fall das Zitat von diesem New Yorker Ernährungswissenschaftler

00:45:16: ist sehr hübsch, der hat gesagt, mittlerweile ist es ja so, wenn ich mir einen Cheeseburger

00:45:21: an die Lippen halte, ist das gleich bedeutend damit, als ob ich mir eine Pistole an die

00:45:24: Schläfe setze. All right. Und das finde ich, ich habe ja mein Buch nicht von Hippocrates

00:45:30: bis heute chronologisch, sondern nach so Themenblöcken geht es um Arzt-Patienten-Beziehungen,

00:45:34: geht es um Eindringlinge im Körper, also Infektionskrankheiten, geht es um Schauplätze

00:45:39: und Räume und ein Thema, ein Kapitel, was ich sehr, sehr schön und wichtig finde, ist

00:45:45: diese ganze Frage von Moral und Schuld, um schlechten Gewissen und da sind wir ja ganz

00:45:49: nah dran jetzt mit unserem Thema Ernährung und das ist interessant, dass zur Zeit der

00:45:55: Pest und auch später Kohlerer, was auch immer, das war oft dann so, die Menschen haben gesündigt

00:46:00: und das ist jetzt die Strafe Gottes, das Strafgericht Gottes kommt über uns. Also es war immer irgendwie

00:46:06: was von außen und oft waren es natürlich die Nachbarn, die gesündigt haben, nicht

00:46:09: man selbst, aber man hat es halt blöderweise mit abgekriegt, Pest, Kohlerer. Das hat sich

00:46:14: ja insofern verschoben, als heute oft gesagt wird, ich war gerade auf einem Krebskongress

00:46:21: unterwegs und gerade bei Krebs, du kannst doch was dagegen tun, also der Kranke als Opfer

00:46:26: seiner selbst, Victim Blaming. Also wenn man was dafür tun kann, dass man gesund bleibt,

00:46:32: was ja viele glauben, was aber auch nur im Maßen stimmt, auch der, Entschuldigung möchte

00:46:37: es sagen, auch der sich gesund ernährende Jocker und trainierte, schlanke Mensch kann

00:46:42: eine Krankheit bekommen, es ist einfach oft Pechschuchsschicksal und nicht selbst verschuldet,

00:46:47: aber oft wird der Kranke zum Opfer seines falsch gelebten Lebensstichens aktiviert.

00:46:51: Aber das habe ich mir tatsächlich ja auch geschrieben, genau diese Frage, woher kommt

00:46:54: dieses tiefe Bedürfnis, alles krank sein, als moralisches Versagen so zu deuten. Also

00:47:01: haben Sie da in Ihrer Recherche irgendwie was gefunden, woher das eigentlich kommt?

00:47:05: Na ich glaube, es ist schon so ein bisschen dieses Religion, Gesundheit als Religionsersatz,

00:47:12: Gesundheitskult. Also ich glaube, ich tue was Gutes, ich glaube daran, viele dieser

00:47:17: Dinge, die Menschen machen, sind ja auch gar nicht medizinisch wissenschaftlich seriös

00:47:21: begründet, da ist ja gar kein Nutzen erwiesen. Trotzdem gibt es da gerade auch im alternativen

00:47:27: Bereich Menschen, die unbedingt glauben, sie müssen sich jetzt basisch ernähren. Diese

00:47:31: ganze Theorie ist nicht wissenschaftlich gesichert. Es gibt viele Beispiele, aber natürlich

00:47:37: auch im anderen Bereich, wo jeder glaubt, das was wir vorhin hatten, Salzverzicht, Zuckerverzicht,

00:47:42: dass man denkt, das ist jetzt das Heilmittel oder plötzlich wurde Brot verteufelt, irgendwie

00:47:48: gab es Bücher, die weizen mal plötzlich ganz Brot machen, dumm wie Brot usw. und da

00:47:55: ist natürlich so der Wunsch nach einer einfachen Erklärung, nach Komplexitätsreduktion, wie

00:48:01: es so schön heißt und ich rede auch, wenn ich schreibe über solche Themen auch in der

00:48:05: süddeutschen Zeitung und da rede ich nicht nur mit Ernährungswissenschaftlern, Ärzten

00:48:10: und anderen Forschern, sondern auch mit, es gibt Ernährungssoziologen und es gibt eben

00:48:15: auch Sozialwissenschaftler, die sich damit beschäftigen und die dann eben sagen, ja,

00:48:20: es ist ein geschlossenes Sinnsystem. Die Menschen haben dann das Gefühl, sie sind da

00:48:24: in einem System, was ihnen Halt gibt und es ist der Wunsch in einer Welt, in der vieles

00:48:30: aus den Fugen gerät, klingt nach Vorgarten Psychologie, aber ich finde es sehr überzeugend,

00:48:35: wenigstens da die Kontrolle zu behalten. Ich weiß nicht, ob ich in zwei Monaten noch Arbeit

00:48:41: habe, überall Tobenkriege, Brechenkonflikte auf, USA, dachte mir, verletztlicher Verbündeter

00:48:48: ist plötzlich irgendwie ganz fragil das Verhältnis und wenigstens in diesem kleinen Bereich,

00:48:55: da halte ich mich nach, streng nach Fahrplan, Vorschrift sozusagen, da habe ich Kontrolle,

00:49:00: das gibt ein Gefühl von Sicherheit. Also die Angst vor Kontrollverlust durch ein abgeschlossenes

00:49:08: System und dieses System muss dann gar nicht wissenschaftlich begründet medizinisch sinnvoll

00:49:15: sein, sondern ich habe einfach ein System, ich gehöre vielleicht noch zu einem kleinen

00:49:19: Kreis der Ergläubigen der Anhänger und das macht mich dann, da glaube ich dann fest dran

00:49:24: und überzeuge andere. Also ich bin jetzt nicht der größte Trendforscher-Fan, aber ich habe

00:49:28: vor 15 Jahren oder wahrscheinlich schon ein bisschen länger, ja, kommt ungefähr 15, irgendwann

00:49:32: zwischen 15 und 20 Jahren mal einen Trendforscher, der die Aussage getroffen hat, dass er eher

00:49:37: fest überzeugt ist, dass ein gesunder trainierter Körper das Statussymbol der Zukunft wird.

00:49:44: Ja. Und letztendlich ist es ja ein ganz klein bisschen so gekommen, sage ich immer sowas,

00:49:51: dass die massiv übergewichtigen tendenziell eher zur Unterschicht gehören, während in

00:49:56: die 70er Jahren eher von der Wohlstandsplutze gesprochen hat, sage ich mal so. Das was

00:50:00: eigentlich, wenn es auch angeblich falsch zitiert ist, aber Marie Antoinette wohl angeblich

00:50:05: mal gesagt hat, wenn das voll kein Brot hat, dann soll es eben Kuchen essen. Sollen sie

00:50:08: doch Kuchen essen, genau. Da sind wir heute eigentlich. Man muss ja will ich sagen, die

00:50:12: Unterschicht ist die, die sich von massiv viel Zucker ernährt, also den Kuchen sozusagen,

00:50:17: ist während die reichen sich sozusagen mit Salatblatt und Kinodaben so. Und Essen ist

00:50:23: natürlich auch so eine Art Distinktionsmerkmal, also die einen können sich leisten, Restaurant

00:50:28: und irgendwie Menü folgen und im Fernsehen werden, Kochshows zelebriert wie Kunsthandwerk,

00:50:34: das ist ja auch ein vergleichsweise neuer Trend, so seit 10, 15 Jahren diese Kochshows,

00:50:38: das früher gab es das nicht, da gab es irgendwann mal Biolack hat gekocht, aber davor war das,

00:50:44: das hat man halt gemacht und da gibt es ganz viele natürlich so immer auch gegensätzliche

00:50:49: Trends, direkt nach dem Zweiten Weltkriegings drum erst mal satt zu werden. Die gute Butter,

00:50:54: echter Kaffee, endlich ein Stück Fleisch, das war ein Zeichen für Wohlstand und dann

00:50:59: kam eben die Fresswelle und Wohlstandswelle und dann wurde es das Gegenteil eben low,

00:51:03: fat, low carb und alles reduziert und halb und sonst wie, ist ja auch witzig wieder so,

00:51:08: also auch daran kann man erkennen, dass es Moten folgt und gleichzeitig hat es dann eben

00:51:13: immer diese Schuld- und Schlechtkomponente. Und da möchte ich nicht drauf hinaus, weil

00:51:17: letztendlich wenn es tatsächlich so ist, dass das Statussymbol der Zukunft oder vielleicht

00:51:22: sogar schon der heutigen Gesellschaft sozusagen ein gesunder fitter Körper ist, dann ist natürlich

00:51:27: auch das Thema mit dem Statussymbol kommt häufig ja auch eine gewisse Arroganz und

00:51:32: Abgrenzung dann auch einher. Ja, aber was mich daran ärgert und da habe ich wirklich

00:51:36: so einen Aufklärungsimpuls ist, die Diskussion über Übergewicht ist in den meisten Fragen,

00:51:41: in den meisten Anlässen keine Massen, sondern eine Klassenfrage. Also genau dieses, naja,

00:51:48: das ist ja sozusagen tendenziell ein Phänomen, der nicht so wohlhabende, nicht so gut gebildeten

00:51:53: Schichten. Und ich habe immer wieder geschrieben, dass gibt es viele Befunde, dass leichtes und

00:51:58: mittleres Übergewicht tendenziell gesünder ist als das angebliche Ideal und normale Gewicht.

00:52:02: Gibt es viele Befunde, gerade in unseren Jahrgängen, dass gar nicht das Superschlanke so ist. Aber

00:52:08: das ist dann immer mein Lieblingsbeispiel, wenn ich jetzt eine Personalabteilung frage, die hat

00:52:14: zwei Bewerber. Beide haben die gleichen Zeugnisse, die gleiche Papierform und der eine wiegt 75

00:52:20: Kilo Hobby, Marathon oder Ausdauersport, der andere wiegt 130 Kilo Hobby, Fernsehen. Man ist

00:52:28: relativ naheliegend, dass die Personalabteilung den 75 Kilo Marathon man wählen wird, weil in einem

00:52:36: Land, in einer Gesellschaft, in der potenziell und theoretisch die meisten, also in der theoretisch

00:52:44: und praktisch auch die meisten mehr als im Überfluss zu essen haben, gilt es als Zeichen für

00:52:50: Leistungsbereitschaft und Disziplin, wenn man trotzdem schlank bleibt. Also es ist quasi, es ist so

00:52:58: was wie Sekundärtugenden, die man damit zeigt. Der Witz ist natürlich, dass der, der für Marathon

00:53:03: läuft, dass der vielleicht viel mehr Zeit in der Freizeit dafür braucht und gar nicht so viel

00:53:07: arbeiten kann, wie der, der das nicht macht. Aber es gilt als Ausweis von Aschäse, Disziplin,

00:53:12: Leistungsbereitschaft. Und der andere, also fett, faul und schlecht gebildet ist sofort die

00:53:19: Zuordnung bei Menschen, die übergewichtig sind. Man unterstellt sofort, dass die sich selbst und

00:53:24: ihr Leben nicht im Griff haben. Und jetzt ist natürlich noch witzig, wie sich das durch die

00:53:27: Abnehmenspritze verändert, wo es ja nicht mehr Disziplin, Sport, Leistungsbereitschaft tatsächlich

00:53:34: braucht oder vermeintlich braucht, sondern jeder, der sich leisten kann oder die Spritze kriegt,

00:53:40: auf diesem Weg erreichen kann. Ja, das ist auf jeden Fall ein spannender Aspekt bei der ganzen

00:53:46: Geschichte. Ich möchte nochmal auf ein anderes Zitat in Ihrem Buch kommen. Was sagen Sie,

00:53:54: wenn jemand glaubt, wenn ich nur das richtige Medikament finde, wird alles gut?

00:53:59: Naja, es kommt darauf an, für was jetzt meinen Sie jetzt für ein gesundener, länger Lebenbühle

00:54:07: oder was? Ich finde eigentlich, Sie haben schon ein bisschen angesprochen mit dem Thema Osempig.

00:54:12: Also wenn die Leute die Wahl haben zwischen ich ändere mein Lifestyle und bewege mich mehr,

00:54:18: esse gesünder, vielleicht ein bisschen richtiger oder die Möglichkeit haben über eine Abnehmenspritze,

00:54:23: alles zu bleiben, wie es ist, aber das Medikament regelt schon. Klar, das ist natürlich die Tendenz

00:54:29: des Menschen, dass er denkt, das ist natürlich das einfache praktische Allheilmittel und natürlich

00:54:35: ist es total, also das weiß man auch, dass selbst Menschen mit einem heftigen Schicksalschlag,

00:54:40: Schlaganfall, Herzinfarkt, das ist ganz vielen dann trotzdem nicht gelingt, ihr Leben zu ändern,

00:54:46: auch wenn der Arzt sagt, du, du kannst mal vielleicht auch das verzichten, rauchen,

00:54:49: aufhören, mehr Bewegung und so weiter. Also und da ist natürlich immer dieser Wunsch nach dieser

00:54:54: einen einfachen Lösung. Das gilt allerdings auch für viele Vitaminenzusätze, wo man sich dann denkt,

00:55:00: naja, ich habe jetzt Schwarzwälder Kirschtorte und Pommes und Schnitzel und dann Ablass von

00:55:06: den Diets. Ablassbrief, Brief, Vitaminenpelle, klar. Genau, genau. Und dass ich damit zu sagen,

00:55:11: da tue ich mir dann ja was Gutes. Und es ist ganz erstaunig, die Leute, die mich kennen, wenn wir

00:55:16: dann in der, wenn ich mit denen in der Kantine bin bei der süddeutschen Zeit und da haben manche

00:55:20: Schnitzel mit Pommes und gucken so schuldbewusst und sagen, ich weiß, das ist jetzt nicht gesund.

00:55:24: Und ich denke immer, doch es ist gesund, wenn du dich daran freust und mit Kollegen,

00:55:28: mit denen du ein heiteres Mittagessen hast. Und das ist wirklich das Schlimmste. Ich glaube,

00:55:33: das Schlimmste ist genau das schlechte Gewissen. Also entweder man entscheidet sich jetzt für

00:55:39: dieses Essen, weil es mir gut tut. Ich bin hier in Berlin, ich habe wie so ein Publosschen Reflex,

00:55:44: jedes Mal, wenn ich ins Bäuchert gehe, muss ich ein Schnitzel essen. So und dann genieße ich es aber

00:55:49: auch. Ich embrace das dann auch, dass ich jetzt irgendwie in diesem Augenblick dann irgendwie

00:55:54: schlitze Moment ist. Ja, unbedingt. Und das ist, und ich glaube, und nicht ich glaube, sondern ich

00:55:59: weiß, dass es gesünder ist, mit Freunden, Schnitzel oder Spaghetti Bolognese oder sonst was zu

00:56:05: essen, als sich allein und verhermt ein paar Löffel kaltgepresstes Olivenöl einzuverleiten.

00:56:11: Und wenn man sich anschaut, wer jetzt die längste, die größte Lebenserwartung in Europa hat, das sind

00:56:16: ja Spanier, Franzosen, Portobiesen, Italiener, auch Griechenland ist gut dabei. Und das sieht

00:56:22: jetzt nicht an den Schnecken, wie die Franzosen essen oder am Olivenöl, sondern ich glaube,

00:56:26: da ist eine ganz entscheidende Rolle der Stellenwert, den das Essen hat, nämlich Genuss

00:56:32: und Lebensfreude. Und das gibt es ja, es ist ja nicht nur Klischee im Film, dieses lange Essen

00:56:36: in Gemeinschaft und nicht der Nährwert ist entscheidend. Ich möchte auch nochmal wieder,

00:56:42: Sie haben so viele schöne Anekdoten jetzt über die, die Historie dann in der Medizin gefunden.

00:56:47: Haben Sie dabei auch eine alte Mahionetode entdeckt, wo Sie sagen, die hätte eigentlich heute

00:56:53: auch wieder einen Platz verdient? Es gibt zum Teil, also es gibt sehr schräge Beschreibungen

00:57:00: vom Adalas und von den Einläufen und wie die Menschen offenbar unter Verstopfung gelitten

00:57:06: haben. Auch Voltaire hat, glaube ich, gesagt, ich würde 300 Jahre meines Nachhums geben,

00:57:11: wenn ich dann endlich frei und unbeschwert auf dem Nachtstuhl sitzen könnte und

00:57:16: Diderot, einer der beiden, die die Encyclopädie damals geschrieben haben, großes erstes Nachschlagewerk,

00:57:22: so was ähnliches gesagt hat. Es muss ein riesen Problem gewesen sein, aber ich war eigentlich

00:57:26: auch fasziniert von so manchen legendären Operationen, von denen würde ich gerne einen,

00:57:32: zwei erwähnen. Und das eine war ein niederländischer Schmied, Jan de Dothi, und der hat im Jahr 1651,

00:57:42: der hatte einen Blasenstein, also einen Stein in der Harnblase und das kennt man heute kaum

00:57:47: noch, nie an Steine kennen die Menschen, aber es gab eben auch früher häufiger Steine,

00:57:51: die sie in der Harnblase entwickelt haben, durch einseitige Ernährung, durch zu wenig

00:57:57: trinken und wenn man sich die Unterhose nicht oft genug gewechselt hat. Und dann hat der sich

00:58:01: angeblich selber als Schmied so ein bestimmtes Messer angefertigt dafür und hat sich zwischen

00:58:07: Rotensack und Damausgang einen Schnitt gesetzt, hat seine Frau vorher zum Fischmarkt geschickt,

00:58:13: damit die das nicht mitkriegt und hat sich dann einen so wirklich Hühner-Eil großen Stein

00:58:17: daraus geholt. Es gibt die Theorie, dass früher gab es oft den Starstecher und den Steinschneider

00:58:25: als Berufe, das waren so fahrende, es waren keine Ärzte, sondern ursprünglich Barbiere,

00:58:29: die aber so leichte chirurgische Tätigkeiten angeboten haben. Und dieses Steinschneiden war

00:58:35: eben eine davon, also Harnblasensteine entfernt. Und es gibt die Theorie, dass da vielleicht

00:58:40: schon mal einer angefangen hatte und deswegen es da Narbengewebe war. Sonst kann man sich kaum

00:58:44: vorstellen, dass dieser Mann das unter doch sehr heftigen Schmerzen wohl selber bis zum glücklichen

00:58:51: Ende geführt hat. Es gibt ein relativ bekanntes Gemälde von ihm, drei Jahre später ist auch in

00:58:56: dem Buch abgebildet. Da hält er diesen Stein so nicht in die Kamera, sondern zu dem Malerhin,

00:59:02: der in Porträtiert und geguckt aber mit säuerlicher Mine und einige Interpretatoren glauben,

00:59:08: vielleicht war er hinterher in Kontinent, weil er mit so säuerlicher Mine da ins Bild schaut.

00:59:13: Und die zweite Operation, die ist fast noch irgendwie am Sand oder irgendwie irritierender,

00:59:20: und zwar Ludwig XIV der Sonnenkönig, der mit den vielen Einläufen hatte,

00:59:25: vielleicht nicht nur deswegen eine Analfistel, also eine entzündliche Eiterbildung in der Nähe

00:59:33: des Anus, des Damausgangs und hat dann seinem Leibarzt gesagt, operiere das mal, Dr. Felix

00:59:40: siehst der, und der hat natürlich gewusst, okay, wenn das schief geht, können es auch sein, dass

00:59:45: ich dann Kopfkürzer bin und hat deswegen gedacht, ich muss erst mal üben. Das ist ja kein Notfall,

00:59:51: das ist superlässig, aber es ist kein Notfall. Und dann hat er an, wie das Zitat heißt,

00:59:55: an 75 Fistoolösenpatienten geübt. Die hat er offenbar aus der Bastille rekrutiert, also man kann

01:00:02: sich vorstellen, dass das quasi Menschen-Experiment an den Gefangenen waren. Und dann ist aber diese

01:00:07: Operation gelungen und Monsieur Felix wurde nicht im Kopfkürzer gemacht, sondern sogar einen

01:00:13: Allstand erhoben. Und Jean-Baptiste Nulis, berühmter Baroque-Komponist, hat eine Hymne auf diese tolle,

01:00:20: auf diese medizinische Großtat komponiert und die hieß "Grande Yeux de Véle Roi", also großer Gott,

01:00:29: rette unseren König. Und jetzt kommt der Gag, der sich allerdings nur in französischen Medizin

01:00:35: historischen Notizen findet, dass diese Hymne, großer Gott, rette unseren König das Vorbild für

01:00:42: die englische Nationalhymne "God Save the Queen" oder "King" war. Also das berühmteste englischsprachige

01:00:50: Musikstück auf einer Operation am allerwertesten des Sonnenkönigs zurückgeht. Findet man in Englern

01:00:57: wenig davon, aber eben in französischen Quellen gibt es das. Das ist wirklich saulostig, ehrlich

01:01:02: gesagt. Ein Analfistel. Genau, eine Analfistel, die dann eben erfolgreich operiert wurde. Also

01:01:07: dieses "God Save the Queen" ist basierend auf einer Analfistel des französischen Königs. Sagen

01:01:14: Franzosen englern, da würden das jetzt, sagen wir mal, da findet man wenig. Das ist so wirklich in

01:01:18: der Kategorie "Sinnloses Wissen", wirklich auf ganz Platz eins, würde ich sagen. Ich würde das

01:01:22: überhaupt nicht als sinnlos bezeichnen, sondern das zeigt halt dieses "Ich versuch doch auch den

01:01:26: Kulturgeschichtlichen Alltagsgeschichtlichen Niederschlags der Medizin darzustellen". Sie haben

01:01:32: ja auch, weil wie sie eben hat, gerade schon das Thema Nahrungsergänzungsmittel als Ablassbriefe

01:01:38: so gesagt haben, ich will jetzt mal dieses ganze Snake Oil-Eil fast mal aufmachen. Haben sie da

01:01:44: vielleicht auch noch die eine oder andere Anekdote, was man mal glaubte, als Heilmittel für alles dann

01:01:50: auch gegolten hat? Also wie gesagt, man spricht ja mal gerne von diesem Snake Oil, was alle

01:01:56: Krankheiten heilt. Haben sie da so ein paar Themen auch gefunden? Da gibt es viele, viele Beispiele

01:02:01: in dem Buch, die ich gar nicht alle aus dem Kopf zusammenkriege. Das eine ist, dass man, also

01:02:06: man hat ja gegen die Pest im Mittelalter der schwarze Tod, 1347 bis 1353 war die schlimmste

01:02:14: Phase, hat man ja wenig machen können. Und man hat witzigerweise, es gab eigentlich fast alle

01:02:20: Ratschläge und man hat eigentlich gesagt, die Leute sollen Bewegung und Olivenöl meiden, das fand

01:02:25: ich besonders lustig, dass was heute als gesund gilt. Also es gibt ja Leute, die sollen sagen, eine

01:02:30: Flasche die Woche. Also auch wieder ein Wahnsinn. Genau, genau. Und dann gab es, gab ja später immer

01:02:36: wieder noch Pestepidemien und in Nürnberg hatte man eine besondere Theorie, das war glaube ich in

01:02:40: Nürnberg, dass man einen gerupften Hahn auf die Pestbeule, das Hinterteil eines gerupften

01:02:46: Harns, auf die Pestbeule gesetzt hat. Wenn der Hahn dann gestorben ist, musste man es mit dem

01:02:52: nächsten gerupften Hahn versuchen, solange bis der Hahn überlebt hatte. Und das sollte die Pest

01:02:56: heilen. So mache ich das bis heute. Und was ich auch ganz toll fand und das hat auch eine Tradition

01:03:03: wieder bis heute. Deswegen habe ich so einen Spaß an dem Buch gehabt, weil sich vieles bis heute

01:03:06: wiederfindet. Es gab von einem Dr. Paulini ein Buch, das hieß "Die heilsame Drecksapotheke". Und die Theorie

01:03:16: war, das war glaube ich so um 1596 rum. Nee, es war ein Jahrhundert später 1690 rum. Und dieser Dr.

01:03:25: Paulini hat geschrieben quasi, man solle abgekochte Pferdeäpfel nehmen bei Bauchschmerzen oder

01:03:31: bei anderen Krankheiten. Man sollte frisch gelassenen Morgenurinen zu sich nehmen. Man sollte

01:03:36: Tierkot, Rattenpisse, sonst wie also wirklich alles, was man sich so an ekelhaften Dingen vorstellen kann.

01:03:44: Und da gab es ein ganzes Buch und das eine ist, das später dann im 19. Jahrhundert recht bekannt

01:03:51: gewordener Internist, der war zunächst Landarzt in Kandern am Südschwarzwald, im Kleinstadt,

01:03:56: zwischen Freiburg und Basel. Und dann sich beklagt hat, die Schwarzwälder oben auf den

01:04:03: Höhen, die glauben tatsächlich noch an dieser Rezepte aus der Dreckapotheke. Und da hat doch

01:04:07: irgendein Bauer mit Bauchgrimmen dann wirklich irgendwie Pferdeäpfel abgekocht, also 200 Jahre

01:04:13: später, 1850, 60 um. Und jetzt kommt die Verbindung zu heute. Die älteren werden sich erinnern,

01:04:19: Carmen Thomas, die hat auch mal das Sportstudio moderiert, wo sie durch den Versprecher Schalke

01:04:25: 05 gewisse Bekanntheit erreicht hat. Und die hat ein sehr erfolgreiches Buch geschrieben,

01:04:30: das hieß "Urin, ein ganz besonderer Saft". Da ging es um die Urintherapie. Wir schreiben die,

01:04:35: ich glaube es war früher 90er Jahre oder Ende 80er Jahre. Und ich habe dann immer nur gedacht, da

01:04:43: muss man sich als rechtschaffende Niere ja ganz schön auf den Arm genommen fühlen, wenn das,

01:04:48: was man mühsam unten rausgepresst hat, oben wieder reingeschüttet wird. Also Urin als Therapie zum

01:04:54: Gurgeln zur äußeren Anwendung, also solche. Ja, wobei ich muss da an dieser Stelle einmal einhaken,

01:04:59: diese so benannte braune Suppe sozusagen. Das war ja auch etwas, wo man dann eigentlich den Stuhl

01:05:05: verdünnten Stuhl von anderen Menschen getreten hat, um eigene Magendarmprobleme zu lösen. Und da

01:05:12: ist ja bis heute tatsächlich auch eine gewisse wissenschaftliche Basis dahinter. Das ist eine

01:05:17: Stuhltransplantation bei einer ganz massiven, so sage ich mal, Problemstellung tatsächlich eine

01:05:23: Lösung werden kann. Gut, das ist jetzt ein, gut, dass Sie das sagen. Urin enthält Haarstoff,

01:05:29: Haarstoffe sind vielen Hautcremes als wirksames gutes Mittel enthalten. Das heißt aber,

01:05:35: trotzdem nicht, dass Urin ein Heilmittel ist. Auf keinen Fall. Genau, das Gleiche ist mit sozusagen

01:05:40: abgekochten oder auch nicht abgekochten Pferdeäpfeln oder mit dem Kotstuhlgang von anderen Menschen.

01:05:47: Aber das stimmt, es gibt natürlich viele Studien und erste Belege, dass diese Stuhltransplantationen

01:05:53: hilfreich ist. Also ich weiß nicht, warum nicht? Stichwort Mikrobiom, wir haben ja mindestens so

01:05:58: viele Keime, oder wir haben extrem viele gesunde Keime im Darm. Und wenn da das Gleichgewicht

01:06:04: verschoben ist, zugunst, also das mehr krankhafte Keime da sind, dann kann es helfen, wenn der

01:06:10: ausgetauscht wird. Also dadurch angeregt wird, dass die gesunde Keime sich vermehren. Aber das ist

01:06:15: natürlich sozusagen ein isolierter Aspekt, der ist deswegen trotzdem nicht richtig macht. Urin

01:06:21: insgesamt als Heimat oder Kotstuhlgang. Mit Sicherheit, mit Sicherheit. Aber es ist gut,

01:06:26: dass diese Einschränkung ist wichtig. Ich habe hier eine Sache mir heraus fotografiert. Blitzschnell,

01:06:32: Konzentration, Lebensfreude durch Biozitin Glutamin. Ist so eine Art, sieht so ein bisschen nach 50er

01:06:41: Jahre Anzeige. Ja ich glaube irgendwo steht die Jahreszeit. Da steht hier sogar 1957. Also

01:06:47: habe ich gut geschätzt. Und hier steht gesunde Energie zum Einnehmen im 20. Jahrhundert. Erleben

01:06:53: Nahrungsergänzungsmittel wie dieses 1947 beworben eine Medikament zur Stärkung der Nerven einen

01:06:58: Boom. Das heißt also, die Historie sozusagen, man hat ja das Gefühl, dass so dieser große

01:07:05: Nahrungsergänzungsmittel Trend eigentlich erst so die letzten zehn Jahre eigentlich so richtigen

01:07:10: Hype hatte. Aber man sieht tatsächlich auch schon 1957 hat man da schon gewisse Versprechen gehabt.

01:07:15: Ja, man muss natürlich sagen, wenn man jetzt aus Marketing-Experten Sicht ist, der Begriff

01:07:20: Vitamin natürlich großartig, weil Vita und Leben das das assoziiert sofort jeder damit. Kommt ja

01:07:27: auch daher Vita das Leben und Armin irgendwas, was auch irgendwie gut klingt, eben aus einem, aus dem

01:07:33: Stoffwechsel, aus dem Körper und dieser Begriff stammt glaube ich aus so um die Zeit um 1920 und

01:07:39: dort wurden ja auch die ersten Vitamine dann isoliert und beschrieben und Linus Pauling, der

01:07:44: tatsächlich zweimal Medizin Nobelpreis bekommen, einmal für Frieden und einmal für Chemie. Der hatte

01:07:51: schon in den 60er Jahren so eine Vitaminteorie, die allerdings völlig wissenschaftlich abstrus

01:07:56: war. Er hat von riesen Mengen Vitamin C gesprochen, die Krebs und alles heil. Das hat sich nicht

01:08:02: bestätigt. Ich hätte ein Physikprofessor, der auch ein großer Pauling-Anhänger war, sogar noch in

01:08:06: meinem Studium. Also von daher, ja. Ja, also das war ein beeindruckender Mann, was ich so von ihm

01:08:13: gelesen oder mitgekriegt habe. Aber da hat er sich dann geirrt und ich glaube, das ist aber auch,

01:08:18: jetzt sind wir wieder bei dem, was mich eigentlich die ganze Zeit beschäftigt. Woher kommen unsere

01:08:22: Vorurteile oder Urteile, unsere Weltbilder, unsere Vorstellung und das ist glaube ich, dass viele

01:08:28: Menschen denken, ich lebe in einer entfremdeten, künstlichen Welt. Ich sitze im Büro und mache

01:08:36: dort Dinge, die nichts mit wenig mit der Arbeit meiner Hände oder mit der Natur zu tun haben. Viele

01:08:42: wissen gar nicht mehr, wie Lebensmittelproduktion funktioniert oder haben keinen eigenen Garten

01:08:47: mehr und dass ich da irgendwie dann was zuführen muss. Also diese, ich nenne das Mangelrhetorik,

01:08:52: da ist glaube ich eben auch viel dran, dass man denkt, irgendwas fehlt mir. Dabei waren wir

01:08:57: eigentlich noch nie so gut und mit so vielen guten und sicheren und getesteten Lebensmitteln

01:09:03: versorgt wie heute. Das stimmt wohl, wobei man immer schon ja sieht, dass ein durchschnittlicher

01:09:08: Brokkolier gegenüber 20 Jahren, ich glaube er hat 30 Prozent weniger Vitamine und 40 Prozent weniger

01:09:15: Mineralstoffe. Also man sieht ja schon, dass durch die ausgelockten Böden die Qualität sich verändert

01:09:20: hat. Aber sie haben auf der anderen Seite natürlich recht, die Leute essen heute einfach mehr

01:09:25: gesundes, weil es auch besser verfügbar ist und besser auch erschwinglich, plus natürlich auch

01:09:31: durch eine, also Tiefkuh Gemüse zum Beispiel, hat ja auch teilweise eine viel höhere Konzentration oder

01:09:38: Erhaltung von Mikronährstoffen als jetzt eben teilweise die ja über Wochen gelagerte Ware,

01:09:44: die dann irgendwie im Supermarkt ist. Und gleichzeitig habe ich auch doch immer wieder

01:09:49: gehört oder auch nachgelesen, dass das mit den ausgelockten Böden jetzt auch nicht unbedingt

01:09:53: so ist. Wir haben zum Teil zwar Monokulturen, das ist dann schlecht für den Boden, aber dass der

01:09:58: Boden jetzt auch nicht insgesamt unbedingt an Nährstoffen nachgelassen hat und zusätzlich

01:10:03: werden ja viele Vitamine, werden ja auch Lebensmittel und Beigesetze als Konservierungsstoffe.

01:10:08: So dasselbs, wenn man die gar nicht jetzt extra als A ist. Also mein Lieblingsbeispiel ist

01:10:12: immer Vitamin B12, was ja eigentlich nur die Tiere haben, die sich auch sozusagen also jetzt

01:10:20: dann eine B12 in der Kuh kommt daher, dass die eben auf einer Weide standen und im Grunde

01:10:24: den Dreck mitgefressen haben. Da ich das ja auch nicht mehr auf der Weide stehen muss man denen

01:10:28: das ja nachträglich zu experimentieren, damit dann noch B12 in dem Fleisch drin ist, um eben halt

01:10:33: diesen Mehrwert dann zu haben. Also das ist ja alles ein Wahnsinn. Ich möchte aber trotzdem den

01:10:36: Wahnsinn jetzt noch einmal kurz verlassen, weil Sie haben es mir ja schon angekündigt,

01:10:39: dass wir länger als eine Stunde reden haben. Deswegen möchte ich mal ganz kurz, weil Ihr Buch

01:10:46: heißt ja "Live und Seele". Und Sie schreiben ja, dass der Blick in den Körper die Seele oft verdrängt

01:10:53: hat. Was würden Sie denn sagen, wie holen wir die Seele zurück? Zum einen muss man sagen,

01:11:01: dass mit diesem wissenschaftlichen Boom im 19. Jahrhundert, Anatomie, Pathologie,

01:11:05: dann Bakteriologie, Röntgenbilder, alles ganz viele tolle Entdeckungen und Erfindungen. Wichtig,

01:11:13: aber da ist das, was es vorher als viel weiteren Blick gab, ein bisschen verschwunden. Es gab

01:11:18: vorher die romantische Medizin, da hat man auf die Natur gehört, es ist die Makrobiotik und

01:11:23: Homöopathie entstanden, da hat man der Psyche schon eine große Rolle beigemessen. Da hat man

01:11:29: gesagt, wer Albträume hat oder meint irgendwie Geistererscheinungen zu sehen. Das ist eine

01:11:34: Bereicherung für die Welt, sich für das ganze Leben. Und das ist natürlich in dieser Welt des

01:11:40: Messens und Vermessens, da Boahwerte, Röntgenbilder, Kern, Spinn, CT heute verloren gegangen. Und ich

01:11:46: glaube, da sind wir immer noch in dieser, im 19. Jahrhundert begonnen, mit vielen positiven

01:11:55: Dingen ausgestatteten, aber trotzdem reduktionistischen Medizin. Also dieser Medizin fehlt was. Der

01:12:00: Medizin fehlt oft die Seele. Und da Seele und Medizin oft mit Menschen zusammenhängen, bin ich da

01:12:08: leider etwas pessimistisch, weil woran wird gespart im Gesundheitswesen am Personal. Und die,

01:12:14: die da sind, auch wenn sie es gut meinen, haben dann oft einfach nicht mehr die Zeit, sich hinzusetzen

01:12:19: für Verständnis, für Zuhören, für so ein altmodisches Wort wie beim Herzigkeit. Das ist ja

01:12:25: das, was viele Patienten vermissen, die sagen ja nicht, das ist schlechte Behandlung. Gibt es auch,

01:12:30: aber die Hauptsache ist ja eigentlich, ach, da hat mir keiner zugehört. Und das finde ich auch

01:12:34: noch ganz wichtig, es gibt das schöne Wort der Bedeutungserteilung. Also Krankheit hat für jeden

01:12:42: Menschen eine andere Bedeutung. Manche denken, ja gut, das ist jetzt mal was, das wird wieder gut

01:12:46: schnell. Andere sagen, oh Gott, ein Schicksalschlag, jetzt geht es bergab und wie soll ich nachher allein

01:12:51: zu Hause zurechtkommen? Genauso für eine Therapie, beispielsweise jemand kriegt ein künstliches

01:12:56: Hüftgelenk. Der eine ist zufrieden, wenn er wieder die Treppe zu seiner Wohnung hochkommt. Der andere

01:13:01: hofft vielleicht damit noch Halbmarathon laufen zu können. Also und dieses, ein Freund von mir ist

01:13:06: Chirurg und sagt den schönen Satz, was haben zehn Diabetiker schon gemeinsam außer einem entgleisteten

01:13:12: Blutzuckerspiegel? Genau, dieses Bild, du hast ein anderes Bild von Vorstellung, von Gesundheit und

01:13:20: Krankheit und was du damit willst, als du und als du und als du. Und das, und deswegen schreibe ich auch

01:13:26: in meinem Buch Medizin, ist nicht Ingenieurswissenschaft am Menschen, sondern Leib und

01:13:31: Seelenkunde durch Zuwendung und Zeit und sich da verstanden zu fühlen, da zu versuchen, was ist

01:13:39: dir wichtig mit deiner Krankheit für deine Vorstellung von Gesundheit? Das macht, glaube ich,

01:13:45: den Kern der Medizin aus. Ich finde das hundertprozentig richtig, weil wenn man sich mal

01:13:49: heutzutage überlegt, wir konzentrieren es so stark die ganze Zeit auf das körperliche, immer

01:13:53: körperliche. Und wenn man sich mal überlegt, was ist das, worunter weltweit alle Menschen leiden,

01:14:01: dann würde ich sagen, alle gemeinsam haben sich Stress. Und jetzt fragt man sich ja, die haben

01:14:07: ja nicht alle den gleichen Job. Wo durch wird Stress ausgelöst? Stress kann eben durch berufliche

01:14:13: Situation ausgelöst werden, es kann durch private Situation ausgelöst werden, es kann durch die,

01:14:19: keine Ahnung, Familiere-Themen so, aber letztendlich haben ja alle andere Themen, aber alle leiden

01:14:26: sie da drunter. Und sie möchten gesehen werden? Ja, und jetzt komme ich genau zu dem Punkt. Das ist

01:14:32: ja das Interessante, dass wir eigentlich diese ganz vielen körperlichen Symptome, die eben auch

01:14:38: unter anderem durch Stress rauskommen, durch immer zu hohe Entzündungswerte, die auch durch

01:14:41: Stress rauskommen. Aber trotz allem wäre, wir sitzen die ganze Zeit da und fangen eigentlich an,

01:14:46: das körperliche immer nur in den Fokus zu stellen, wobei eigentlich das Thema Stress eigentlich

01:14:52: etwas Mentales ist, was noch gar nicht im Fokus ist. Und da sind wir tatsächlich bei gesehen

01:14:57: werden, weil wie viel es auch Menschen dann einfach nur hilft, einfach mal darüber zu reden, was sie

01:15:04: eigentlich belastet, alleine das hilft ja schon. Und dafür ist in unserer Medizin, in unserer heutigen

01:15:09: Zeit immer noch kein Platz. Also das stimmt unbedingt und ich bin ein großer Anhänger und

01:15:15: Fan der Psychosomatik, weil die das natürlich versucht zu integrieren und das ist eigentlich

01:15:19: kein Extrafach in der Medizin unter vielen anderen, sondern eigentlich sollte dieser psychosomatische

01:15:25: Blick, der Zusammenhang von Leib und Seele, von Krankheitserwartung, Bedeutung von anderen

01:15:31: Einflüssen weiß man ja bei Rückenschmerzen. Das liegt nicht daran, dass am Wirbel irgendwas

01:15:36: schief ist, sondern der häufigste Grund für Rückenschmerzen sind Belastung und zwar psychische

01:15:41: Belastung, Unzufriedenheit in der Beziehung, in der Arbeit, Gratifikationskrisen in Psychologen,

01:15:47: dass ich werde nicht anerkannt, nicht gesehen. Das muss gar nicht um Geld gehen. Und das ist

01:15:53: ein Manko in der Medizin, das fehlt, aber jetzt möchte ich doch noch den leihen potenziellen

01:15:59: Patienten auch eins mitgeben, in dem Sinne, dass es manchmal aber auch eine Heuchelei ist. Es stimmt,

01:16:05: dass die Medizin diesen Blick auf Seele, auf Lebensumstände vernachlässigt und das oft dafür

01:16:13: keine Zeit ist oder selbst wenn die Zeit ist, der Blick nicht darauf geht. Aber ganz viele Patienten

01:16:20: gehen auch zum Arzt und sagen, ich möchte meine Laborwerte bestimmt werden, haben hier ist mein

01:16:24: Hormonstatus, die sozusagen auch selber sehr wertefiziert sind, aber auf der anderen Seite immer

01:16:31: von Ganzheitlichkeit und natürlich Reden, aber selber genau an diese ganzen Messwerte. Ich habe

01:16:37: kürzlich über Herzfrequenz Variabilität geschrieben, also diesen Parameter beim Joggen,

01:16:43: beim Ausdauersport und ein Sportwissenschaftler, der sich sehr intensiv damit beschäftigt,

01:16:48: hat gesagt, da kommen mittlerweile Leute zum Arzt, die sagen, meine Smartwatch zeigt,

01:16:54: dass meine Body-Battery weit unten ist. Der Arzt weiß gar nicht, was das ist, was das sein

01:17:00: soll. Das hat auch keine direkte Entsprechung zu einem medizinischen körperlichen Befund. Aber

01:17:06: also sozusagen da werden, sind auch eigene sehr Daten und Labor und Röntgen, CT-Bilder, fixierte

01:17:14: Obsessionen gibt es da auch bei vielen Patienten, bei vielen Laien. Ich komme schon zu meiner letzten

01:17:21: Frage. Was wünschen sich, was die Hörer*innen nach dieser Folge in ihr Leben vielleicht verändern

01:17:25: oder ausprobieren sollten? Ich wünsche mir, dass sie unbedingt auf das hören oder tun, was ihnen

01:17:32: Spaß macht, dass sie sich nicht ständig Sorgen um ihre Gesundheit machen und ob das jetzt gesund

01:17:39: ist oder nicht so gesund, was sie essen, was sie tun, dass sie hoffentlich Spaß an der Bewegung

01:17:44: haben und dass sie dann das Leben genießen und in diesem Zustand der Selbstvergessenheit, zumindest

01:17:50: was die Gesundheit angeht, kommen und dadurch hoffentlich viel Spaß mit dem, was sie tun und

01:17:56: wie sie leben haben. Ich finde es ein ausgezeichnendes Schluss. Wir haben gesagt, vielen Dank für das

01:17:59: Gespräch. Ich möchte jetzt natürlich allen ihr Buch nochmal Leib und Seele ins Herz legen, weil ich

01:18:04: würde behaupten, wir haben wahrscheinlich fünf Prozent des Buches irgendwie hier jetzt gerade

01:18:07: thematisiert. Deswegen, also diese schönen Anekdoten, die Sie ja heute hier schon netterweise geteilt haben,

01:18:12: davon sind noch sehr, sehr viele drin und von daher eine absolute Lesendsefehlung. Danke Ihnen, hat viel

01:18:18: Spaß gemacht das Gespräch. Haben Sie eigentlich einen Lieblingssupplement oder nehmen Sie überhaupt

01:18:27: Supplements? Mein Lieblingssupplement ist Schokokuchen. Ich nehme keine, ich bin aber großer Anhänger von

01:18:34: Kuchen nach dem Mittagessen mit Kapuccino oder Milchgröpfel. Wenn euch diese Folge gefallen hat,

01:18:39: würde es mir sehr helfen, wenn ihr eine Bewertung bei Apple Podcast oder Spotify hinterlasst. Damit

01:18:44: ihr nichts verpasst, abonniert unseren Newsletter. Dort geht es nicht nur um diesen Podcast. Meistens

01:18:49: stellen wir euch da ganz neue Produkte vor, zu denen es dann auch immer ein Einführungsrabatt

01:18:53: Code gibt, der aber nur 24 Stunden gültig ist. Das wäre ja blöd, wenn man das verpasst. Also,

01:18:58: den Newsletter findet ihr unter www.sunday.de/newsletter.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.