#001 Kopf hoch! Mental gesund und stark mit Prof. Dr. Volker Busch
Shownotes
In dieser Folge des Podcasts haben wir das große Vergnügen, Prof. Dr. Volker Busch zu begrüßen. Er ist ein renommierter Neurologe, Psychiater und Wissenschaftler, der sich intensiv mit den psychophysiologischen Zusammenhängen von Stress, Schmerz und Emotionen beschäftigt. Prof. Dr. Busch leitet eine neurowissenschaftliche Arbeitsgruppe an der Klinik für Psychiatrie der Universität Regensburg und hat umfangreiche Erfahrungen in der Behandlung von Personen mit Stresssymptomen und anderen psychischen Belastungen.
In unserem Gespräch stellt Prof. Dr. Busch sein neues Buch "Kopf hoch! – Mental gesund und stark in herausfordernden Zeiten" vor und teilt wertvolle Einblicke in die Bewältigung moderner Lebensherausforderungen. Angesichts des Mental Health Reports 2023, der zeigt, dass 32 Prozent der Deutschen sich psychisch nicht gesund fühlen, diskutieren wir die Hauptbelastungen wie Inflation, Krieg, wirtschaftliche Ungewissheit sowie digitaler Stress durch soziale Netzwerke.
Themen dieser Folge:
- Die Bedeutung von Sonntagen für die mentale Gesundheit
- Persönliche Herausforderungen und ihre prägende Wirkung
- Das Konzept des "mentalen Immunsystems" und wie man es stärken kann
- Der Unterschied zwischen Ungewissheit und Unsicherheit
- Die Rolle von Humor und Leichtigkeit im Umgang mit psychischem Stress
- Der Einfluss des aktuellen Weltgeschehens auf die Arbeit und Forschung von Prof. Dr. Busch
- Persönliche Erfahrungen, die seine Sichtweise auf mentale Gesundheit verändert haben
- Die Bedeutung von Zuversicht und wie sie definiert wird
- Angeborene und erlernte Resilienz und wie man sie unterscheidet
- Praktische Techniken zur Stressbewältigung aus seiner Praxis
- Wie Prof. Dr. Busch selbst sein mentales Immunsystem gesund hält
- Schutz vor der 'Infektion des Geistes' durch negative Nachrichten
- Tipps für den Umgang mit überwältigenden Nachrichten und ständiger Erreichbarkeit durch Technologie
- Die Auswirkungen der digitalen Transformation und KI auf die Psychiatrie und Neurologie
- Zukünftige Herausforderungen in der Psychiatrie und Neurologie
- Die Auswirkungen der Pandemie auf die mentale Gesundheit und deren Behandlung
- Die Rolle der sozialen Medien in der mentalen Gesundheit
- Der wichtigste erste Schritt zur Verbesserung der mentalen Gesundheit
Prof. Dr. Busch teilt mit uns tiefgehende und praxisnahe Ansichten sowie hilfreiche Techniken, die uns alle dabei unterstützen können, mental gesund und stark zu bleiben, selbst in herausfordernden Zeiten. Hören Sie rein und erfahren Sie, wie Sie Ihr mentales Immunsystem stärken und Resilienz entwickeln können.
Links und Ressourcen:
- [Prof. Dr. Volker Busch – Website](https://www.volkerbusch.de)
- [Buch: "Kopf hoch! – Mental gesund und stark in herausfordernden Zeiten"](https://www.volkerbusch.de/buch-kopf-hoch)
- [Podcast: "Gehirn Gehört"](https://www.volkerbusch.de/podcast)
Wir danken Prof. Dr. Volker Busch für dieses inspirierende Gespräch und freuen uns darauf, Ihnen weitere spannende Folgen unseres Podcasts zu präsentieren. Bleiben Sie dran und Kopf hoch!
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Über Sunday Natural
Sunday Natural entstand aus einer langjährigen Leidenschaft und Forschung in den Bereichen Gesundheit, Heilung und Selbstentfaltung. Der Mangel an natürlichen, qualitativ hochwertigen Produkten auf dem Markt war die ursprüngliche Motivation für die Gründung von Sunday Natural im Jahr 2013. Seitdem verfolgt die Berliner Premium Nutrition Brand konsequent ihr Leitmotiv - Produkte herzustellen, die den Vorbildern der Natur folgen, absolut rein und frei von jeglichen Zusatzstoffen sind und sich mit der höchstmöglichen Qualität auszeichnen.
Sunday Natural ist heute einer der renommiertesten deutschen Qualitätshersteller, mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Berlin. Mehr unter https://www.sunday.de
Transkript anzeigen
00:00:00: Das Erste ist, immer Beziehungen zu nutzen und zu pflegen und zu genießen.
00:00:07: Denn gute Beziehungen wohlgemerkt, sei es Freunde, Nachbarn, Kollegen oder eben Familie.
00:00:14: Denn dadurch, dass wir wissen, dass Menschen um uns herum sind, verteilen wir die Last auf der Schulter.
00:00:21: Herzlich willkommen zu "Hells weiß", dem Gesundheitspodcast präsentiert von Sanne Natural.
00:00:25: Ich bin Nitz Behrens und in diesem Podcast erkunden wir gemeinsam,
00:00:28: was es bedeutet, gesund zu sein.
00:00:30: Wir tauchen einen Themen wie Medizin, Bewegung, Ernährung und emotionale Gesundheit.
00:00:35: Immer mit einem Beisenblick auf das, was uns wirklich gut tut.
00:00:38: Im Aktuellen Mental Health Report 2023, in dem 2000 Menschen alle Altersklassen zu ihren Gesundheit befragt wurden,
00:00:47: empfinden sich 32% psychisch als nicht gesund.
00:00:51: Im europäischen Vergleich liegt Deutschland zusammen mit Großbritannien an der Spitze.
00:00:55: Als Gründe für die Belastung während Inflation, Krieg, wirtschaftliche Ungewissheit, aber auch zu hoher Erwartung
00:01:00: und digitaler Stress durch soziale Netzwerke und Medieneinflüsse angegeben.
00:01:05: Was wir dagegen tun können, erfahren wir heute.
00:01:07: Prof. Dr. Volker Busch ist ein renommierter Neurologe, Psychiater und Wissenschaftler,
00:01:12: der sich intensiv mit dem psychophysiologischen Zusammenhäng von Stress, Schmerz und Emotionen beschäftigt.
00:01:18: Er leitet eine neurowissenschaftliche Arbeitsgruppe an der Klinik für Psychiatrie an der Universität Regensburg
00:01:24: und hat umfangreiche Erfahrungen in der Behandlung von Personen mit Stress-Syntomen und anderen psychischen Belastungen.
00:01:30: Als Autor und Vortragsredner hat er sich durch seine Fähigkeit komplexe wissenschaftliche Inhalte verständlich und ansprechend zu vermitteln einen Namen gemacht.
00:01:37: Sein Buch "Kopf frei" war monatelang auf der Spiegelbesserler-Liste und er hohstet auch dem bekannten Podcast "Gehirn gehört".
00:01:44: Heute sprechen wir mit ihm zu seinem neuen Buch "Kopf hoch - mental gesund und stark in herausfordernden Zeiten".
00:01:50: Und deswegen sage ich herzlich willkommen, Prof. Dr. Volker Busch.
00:01:53: Ja, hallo, ich freue mich über die Einladung. Danke schön.
00:01:56: Lieber Volker, wie wichtig sind dir Sonntage für deine mentale Gesundheit?
00:02:00: Das ist eine schöne Frage.
00:02:03: Du, ganz ehrlich, die sind mir total wichtig, weil ich so ein bisschen gezwungen bin, wirklich mal weniger zu tun oder mich mit anderen Dingen zu beschäftigen, als ich es sonst tue.
00:02:14: Und ich fürchte, wenn es Sonntage nicht gäbe, also sprich jeder, wer erreichbar, jeder sehr symbolo, die Geschäfte hätten auf und so weiter,
00:02:22: dann würde ich wahrscheinlich versucht sein, diesen Tag wie jeden anderen zu leben.
00:02:28: Und dass es einen Tag in der Woche geht, wo wir so ein bisschen runterfahren, tut mir persönlich sehr gut. Ich genieße das sehr.
00:02:34: Sehr schön, sehr schön. Und ich glaube, es ist auch sehr gut, da den Kopf frei zu kriegen, aber das ist ja dein altes Buch und dein neues Buch heißt ja "Kopf hoch".
00:02:41: Und das ist ja tatsächlich in einer Zeit geschrieben, wo es tatsächlich die mentalen Herausforderungen oder ich sage mal die Belastung durch Krieg, Inflation und verschiedene Dinge auf jeden Fall
00:02:52: sehr sehr prägen sind. Welche Herausforderung hat dich persönlich am meisten geprägt?
00:02:57: Oh, da gibt es ganz viele. Je nachdem, ob du nach privaten oder beruflichen Herausforderungen fragst, das sind ja ganz unterschiedliche Aspekte oder gesundheitliche.
00:03:07: Also es gibt ja verschiedene zentrale Wertebereiche, die jeder Mensch hat und auf denen er überall Tiefschläge erleben kann oder durch Krisen gehen kann.
00:03:19: Beruflich war sicherlich einer meiner Wendepunkte, dass ich mich ab einem bestimmten Punkt meiner Karriere getraut habe, der klinischen Karriere, also irgendwo Chefarzt werden zu wollen,
00:03:34: sozusagen dass ich mich davon getrennt habe und mich getraut habe, neben meiner Klinik auch sozusagen privat, wenn man so will, durch Vorträge, durch Medienarbeiten, durch Podcasts und Bücher
00:03:48: aufzutreten. Das hat mich viel Mut gekostet, übrigens auch viele Tränen, aber Gott sei Dank hatte ich viele liebe Menschen in meiner Umgebung, die mich geschubst haben und die gesagt haben, das schaffst du, das kannst du und das willst du doch vor allen Dingen auch.
00:04:01: Aber dann tatsächlich meinem damaligen Chef zu sagen, ich will die Karriere so nicht mehr weitermachen und will auch nicht selber Chef werden, mich auch nicht für einen solchen Posten bewerben, sondern möchte mein eigenen Weg gehen.
00:04:14: Das hat er anfangs nicht verstanden, viele andere in der Klinik auch nicht. Ich galt dann auch lange als Persona non grata und ich selber, ich gebe zu, hatte diesen Mut am Anfang auch nicht, weil ich dachte, ich müsste irgendwie, die Ärzte sind ja alles Narzisten, wir wollen ja alle irgendwo Karriere machen und Chef werden und ich war schon Oberarzt.
00:04:34: Und dann mal kurz vor dem Ziel davon zu lassen und mich nochmal ganz neu aufzustellen, ich war Mitte 40, das hat mich viel Kraft und viel Tränen gekostet, aber das würde ich als berufliche Krise nennen, Krise nicht im Sinne einer Katastrophe, sondern eines Wendepunktes und jetzt stehe ich da, wo ich stehe und blicke zurück und weiß, dass es genau richtig war, wie ich es damals getan habe.
00:05:00: Ich kann mich sehr gut vorstellen, dieses Thema der Öffentlichkeit muss man ja auch aushalten können. Ich merke das schon alleine, wenn ich mal link in mal irgendwelche Sachen poste und dann wirklich so massive Kritik reinkomme, keine Ahnung, ich versuche ja mal durch Studienlage Menschen zu einem gesünderen Leben zu inspirieren und wenn ich dann so Kritiken bekomme, das Studienprotokoll ist aber jetzt nicht so sauber, das ging ja um die Inspiration letztendlich.
00:05:25: Ich kann mir auch immer wieder ein bisschen mehr als jede Studie sozusagen auf den Prüfland zu stellen, also grundsätzlich kann man sagen, wenn ich dann eben etwas dazu sage, Sport ist gesünder als kein Sport und dann sagt jemand, die Studienlage ist aber nicht gut, dann denke ich so, naja, aber wäre trotzdem gut, wenn du Sport machst, also verstehe ich so was ich meine, aber ich merke das selbst, also wie man dann doch, wenn man steckt so ein bisschen den Kopf raus in den Wind und dadurch kann es dann auch ein bisschen windig werden.
00:05:50: Absolut, wenn ich als Arzt in der Klinik tätig bin, dann genieße ich genau wie meine lieben Kolleginnen und Kollegen einen unantastbaren Status, die Leute sind höflich, behandeln einen immer respektvoll und glauben in der Regel auch das, was man sagt, was sie dann hinter dem Rücken machen, das ist noch was anderes, wenn sie die Klinik wieder verlassen, aber in der Regel ist man in der Klinik geschützt als Ärztin und Arzt und hat dort das Sagen.
00:06:14: Und das ist etwas sehr Schönes und das führt auch dazu, dass man, wenn man seinen Job gerne und verantwortungsvoll macht, ihn meistens auch gut macht.
00:06:20: Aber genau wie du schon sagst, wenn ich daraus gehe und betätige mich wissenschaftsjournalistisch, ja, spreche über Wissenschaft, schreibe, blokse oder mach Podcast, also mein Podcast heißt Gehirn gehört, da geht es ja genau darum, Wissenschaft aus der Welt von Geist und Gehirn für den Alltag begreiflich zu machen, dann ist das ein schöner Vergleich von dir.
00:06:43: Genau so, als würde ich den Kopf in den Wind stecken und dann kriegt man auch schon mal was ab von Leuten, die es meinen besser zu wissen oder die es wirklich besser wissen, auch das gibt es natürlich.
00:06:55: Insofern, das ist schon anstrengender und auch windiger, ich greife deine schöne Metapher nochmal auf, aber trotzdem, das darf ein Jahr nicht abhalten davon, wenn man sich dazu berufen fühlt.
00:07:08: Und das war bei mir so, nicht nur Menschen zu behandeln in der Klinik, das mache ich ja nach wie vor noch auch so, sondern eben auch der Allgemeinbevölkerung etwas aus der spannenden Welt der Neurowissenschaft zu geben, dann muss man das auch aushalten, dann muss man sich dem auch stellen, man muss sich gut vorbereiten.
00:07:25: Ich glaube, das tue ich auch, dafür stehe ich aus, zumindest werde ich so wahrgenommen und trotzdem macht man Fehler und trotzdem kriegt man auch mal einen drauf, das gehört eben dazu.
00:07:34: Du sagst das eben gerade das Wort Metapher und ich habe mich gefragt, als ich dein Buch gelesen habe, sprichst du immer sehr stark von dem mentalen Immunsystem.
00:07:44: Ich frage nämlich, tatsächlich ist das eine Metapher oder eine Begrifflichkeit? Hast du die sozusagen aufbracht oder ist die sozusagen allgemein bekannt?
00:07:53: Nein, die Lorbeeren verdiene ich nicht, das haben sehr viel klügere Menschen vor mir schon genutzt, wenngleich man häufiger den Begriff "psychisches Immunsystem" nutzt und gemeint es damit ein Abwehr- und Verteidigungssystem unserer Psyche, also letztendlich, wenn man das verorganischen will, würde man sagen dem Gehirn,
00:08:16: dass uns tagtäglich gegen das psychisch belastende Abschirmt und Belastungen abwehrt. Also Beispiel könnte eine Angst sein, aber auch eine Kränkung oder andere negative Gefühle und Gedanken, die wir haben.
00:08:33: Und dieses psychische Immunsystem ist dafür da, dass die seelische Integrität erhalten bleibt, dass wir also nicht vor die Hunde gehen, wenn wir mal depressiv grübeln, wenn wir uns mal vor der Zukunft ängstigen oder wenn wir vor lauter Wut und Ärger irgendwie nicht mehr klar denken können.
00:08:51: Wir kommen ja immer wieder zur Ruhe, wir können das irgendwann von einer anderen Seite sehen, also perspektivisch betrachten, wir können Menschen verzeihen, uns mit Dingen versöhnen.
00:09:00: Das sind ja alles aktive mentale Prozesse, die dieses Immunsystem für uns leistet. Und der Begriff dafür ist "psychisches Immunsystem".
00:09:10: Wie gesagt, etwas, was ich nicht erfunden habe, ich habe es nur, weil ich finde, dass es viel zu selten eigentlich in der ersten Reihe auf der Bühne steht, habe es so ein bisschen nach vorne geholt und habe es mal beleuchtet und habe mir wirklich mal Zeit gelassen, mal zu gucken, was heißt denn das?
00:09:27: Wie können wir das psychische Immunsystem denn kennenlernen? Wie können wir es stärken, schützen, gerade in der heutigen Zeit, wo so viele Menschen psychisch belastet sind?
00:09:35: Du hast ja sehr schön die AXA-Studie genannt und deswegen fand ich es wichtig, darüber mal zu reden. Und ich habe mich bewusst auf die mentalen Gesichtspunkte weniger auf die emotionalen beschränkt und deswegen habe ich hier sozusagen über eine Unterform des mentalen Immunsystems gesprochen.
00:09:54: Sehr schöne Abgrenzung, vielen Dank. Dann kommen wir doch mal zu dem Punkt, der Immunsystem, wenn ich jetzt mal üblicherweise von dem normalen Immunsystem gibt, da kann man einen Zink und Vitamin C nehmen, da kann man Eisbaden machen oder keine Ahnung, was Kalt duschen.
00:10:09: Kann ich das mit meinem mentalen Gesundheitssystem oder mit meinem mentalen Immunsystem ja, Alltag auch?
00:10:15: Genau. Also man muss sich das eher nicht vorstellen, wie das körperliche Immunsystem, was ständig Bakterien und Viren abwehrt, versucht unser mentales Immunsystem oder psychisches Immunsystem auch sozusagen psychische Krankheitserreger abzuwehren.
00:10:31: Negative Informationen, Ängste, Depressionen verteilen oder verbreiten sich, verhalten sich auch, wie Viren. Sie können sich ausbreiten, das sehen wir im Fernsehen, wenn schlechte Nachrichten kommen und ganze Bevölkerungsschichten befallen, die dann ganz empört reagieren oder sich ängstigen.
00:10:49: Alle reden in der Straßenbahn oder in der Mittagskantine über das Gleiche. Dann sehen wir, dass da epidemische Ausbreitungsmerkmale stattfinden, was Botschaften und Informationen anbelangt, genauso wie das bei Schnupfenviren auch ist.
00:11:04: Und wir können das mentale Immunsystem genauso schützen und stärken, wie wir das körperliche Immunsystem auch schützen und stärken. Du hast Zink, glaube ich, genannt und Vitamin C und man wäscht sich die Hände und schläft ausreichend. Das wäre ein klassischer Schutz und Stärkungsmaßnahmen für das körperliche System.
00:11:22: Und ich beschreibe in dem Buch eben, was wir tun können, um das mentale Immunsystem zu schützen und zu stärken.
00:11:29: Ich finde es sehr interessant, du hast da ein Beispiel und ich kenne das wirklich nur zu gut, wo du von der Ungewissheit und nicht Unsicherheit sprichst. Das heißt also, dass uns wirklich eine Unsicherheit oder eine Ungewissheit belasten kann.
00:11:43: Und da ist das Thema Zugverspätung. Also ich als viel Bahnfahrer kann das sehr gut nachvollziehen, aber vielleicht magst du es mal mit uns teilen, damit die anderen es dann auch nachvollziehen können.
00:11:54: Ja, das ist immer wieder ganz erstaunlich zu beobachten bei Menschen und ich nehme mich da nicht aus. Ich fasse mich da gerne an der eigene Nase.
00:12:01: Wie schwer wir heutzutage eigentlich mit Ungewissheit umgehen können.
00:12:05: Beispiel ist eben ein Zug, der zu spät kommt, aber man weiß eben nicht, wann er kommt, also wie viel er zu spät kommt.
00:12:13: Das ist für die Menschen selbst bei kürzeren Zeiten viel schwerer zu ertragen, die sie nicht kennen, als längere Wartezeiten akzeptieren zu müssen, die dafür feststehen.
00:12:24: Also mit anderen Worten, eine schlechtere Nachricht wird von Menschen eher akzeptiert, wenn sie dafür wissen, woran sie sind, als eine weniger schlechte Nachricht, die aber trotzdem noch eine Zeit lang ungewiss bleibt.
00:12:37: Und das sieht man interessanterweise, also um nochmal auf die Bahn zurückzukommen, es ist für die Leute leichter zu ertragen, der zu kommt 60 Minuten zu spät, aber sie wissen, woran sie sind und können vielleicht noch ein Kaffee trinken gehen oder machen ein paar Besorgungen.
00:12:52: Oder er könnte 10 Minuten zu spät kommen oder 20, aber man weiß es nicht.
00:12:59: Und das ist ganz spannend. Ungewissheit ist unerträglich.
00:13:02: Und ehrlich gesagt sehe ich das als artspannenderweise auch.
00:13:06: Ich habe bei den meisten Patienten immer wieder feststellen können, dass sie keiner will schlechte Nachrichten hören, aber dass sie auch schlimme News leichter verdauen, wenn sie ganz klar kommuniziert werden.
00:13:20: Da muss natürlich dann auch die Hand gereicht werden und Hilfe angeboten werden, als wenn sie so um Unklaren sind über bestimmte Dinge.
00:13:27: Beispiel ist ein Biopsy-Befund, das kennt sicherlich die meisten unserer Zuhörer und Zuhörer, also wo ein Stück Gewebe entnommen wird, vielleicht weil es aufgrund eines Tumorverdachts untersucht wird, unter dem Mikroskop, also histologisch.
00:13:40: Dann ist es für die Leute unerträglich, wenn sie das Wochenende warten müssen auf den Befund.
00:13:46: Und ich habe immer wieder Patientinnen und Patienten, die dann sagen, wissen was Herr Busch, am Schluss war es mir total egal, wie der Befund war, Hauptsache ich weiß jetzt endlich, woran ich bin.
00:13:55: Und das ist so typisch für uns, das ist auch gar keine Kritik, das ist einfach so wie es ist.
00:14:00: Ich beschreibe das, Ungewissheit ist schwer auszuhalten.
00:14:04: Und der Link zu den gesellschaftlichen Veränderungen, die wir da draußen gerade erleben, ist der, dass wir uns in unserem Land, in unserer Gesellschaft, das gilt wahrscheinlich für die meisten zentral-europäischen Länder,
00:14:16: derzeit entwickeln in eine Zeit, wo vieles ungewissern geworden ist.
00:14:23: Sei es die politischen Achsen-Systeme, die sozusagen die Welt beherrschen, sei es ganze Regierungssysteme, sei es wirtschaftliche Gewissheiten, die weggebrochen sind.
00:14:33: Und auch die künstliche Intelligenz, die trotz ihrer beeindruckenden Technologien, die sie mitbringt, auch Ungewissheit verursacht.
00:14:43: Nach dem Motto, was wird mit mir werden, mit meinem Job, das ist ja alles da.
00:14:47: Und das gab es in den letzten 30 Jahren viel weniger. Die Welt war in vielen Dingen vorhersehbarer, gewisser.
00:14:54: Sie war nicht immer einfach und schon bei Leibe nicht gut überall. Aber sie war ein Stück weit kalkulierbarer.
00:15:01: Und das alles bricht jetzt weg. Und für jemanden wie uns alle, die Gewissheiten gewohnt waren und mit Ungewissheiten gar nicht so richtig gelernt haben, umzugehen,
00:15:11: ist das jetzt super, super schwer.
00:15:13: Und deswegen wollte ich über diesen Aspekt auch ein Kapitel schreiben. Wie geht man damit um?
00:15:17: Du hast in dem Buch ja beschrieben, dass wir eben halt sehr stark geprägt sind, um auch nicht von globalen Krisen und Unsicherheiten.
00:15:24: Was würdest du sagen, wie beeinflusst denn das aktuelle Weltgeschehen, deine Arbeit und deine Forschung?
00:15:29: Da war ich auch wirklich erstaunt. Ich sagte das, weil ich dachte, die Leute kommen ausschließlich zu mir wegen ganz ausgestandsten psychischen Beschwerden.
00:15:40: Und das tun sie natürlich auch zunächst. Es ist der Türöffner. Sie geben mir die Hand und reden über Kopfschmerzen, über Schlafstörungen, über Grübelneigungen oder auch manchmal Herzrasen, Verdauungsbeschwerden.
00:15:52: Also oft sehr unspezifische Symptome. Aber dahinter verbergen sich oft psychische Belastungen, die sie körperlich ausdrücken.
00:16:02: Und das sind eben nicht nur private Probleme, dass man also vielleicht mal Ärger mit dem Partner hatte oder dass man beruflich an einem Projekt sich abarbeitet und zu Scheitern droht oder dass man eine gesundheitliche Sorge mit sich trägt.
00:16:18: Das liegt sowieso immer schon in den Rucksäcken der Menschen, die sie auf den Schultern tragen.
00:16:22: Jetzt kommt dazu, und das musste ich wirklich auch feststellen, da war ich selber erstaunt, obwohl ich den Job auch schon viele Jahre mache, dass die Weltverhältnisse die Leute auch unter Druck setzen.
00:16:33: Dass das auch Grübelneigung macht, dass das auch Zuversicht kostet, dass manche Menschen von dieser Reizflut, dieser negative Nachrichten so, ich weiß nicht, ob du das auch beobachtest, so schnell sich empören und so die Zündschno bei vielen so kurz geworden ist.
00:16:49: Also was ich immer mit Dünnhäutigkeit bezeichne.
00:16:52: Leute, das sind reizbare Fahren, schneller aus der Haut sind, kulerischer und sind wütender.
00:16:57: Da ist viel mehr Aggressivität drin und das hat natürlich was mit den Weltverhältnissen zu tun.
00:17:02: Dann auch das mehr Schlafstörung auftreten.
00:17:05: Das kann natürlich alles viel verschiedene Ursachen haben, das darf man auf keinen Fall auf eine Sache zurückführen.
00:17:11: Aber ich stelle fest, dass neben den privaten Problemen jetzt noch zusätzlich die Weltverhältnisse auch in den Rucksäcken drin liegen bei dem Menschen, bei dem einen vielleicht mehr, bei dem anderen weniger.
00:17:24: Aber sie sind da und das macht die Rucksäcke sehr schwer und für viele ist das Tragewicht einfach nicht mehr auszuhalten.
00:17:31: Und deswegen war mir das wichtig, darüber ein Buch zu schreiben.
00:17:35: Wie können wir denn wieder leicht werden?
00:17:37: Welche Gewichte können wir aus dem Rucksack rausholen?
00:17:41: Manches können wir ja nicht verändern.
00:17:43: Aber manches vielleicht schon.
00:17:44: Und wie können wir zu einer gewissen Lockerheit zurückkehren, obwohl die Weltverhältnisse gerade schwer sind?
00:17:51: Wir haben ja über das andere Buch schon einmal in einem anderen Podcast gesprochen.
00:17:55: Das fand ich ganz interessant.
00:17:57: Du hast es ja auch da so schön gesagt, dass wir ja auch häufig mit den News so allein gelassen werden.
00:18:02: Das heißt also, wir werden eben halt mit diesen negativen Botschaften konfrontiert.
00:18:06: Ich war zum Beispiel jemand, der jahrelang dann auch deswegen, ich sag mal nahezu News verweigert.
00:18:11: Ich habe mich so wie das Wichtigste informiert, damit man nicht so ganz dumm dasteht, wenn was wirklich Wichtiges passiert ist.
00:18:16: Aber ich bin nie tiefer eingestiegen.
00:18:18: Und ich finde es ganz interessant.
00:18:19: Ich höre immer den Podcast, Apokalypse und Filtercafé und halten sich jetzt zwei Menschen über die Schlagzeilen.
00:18:25: Und dadurch werde ich mit den News nicht allein gelassen, weil die reflektieren sie ja dann schon einmal.
00:18:31: Das heißt also, ich habe sie dann eigentlich schon ein bisschen, ich bekomme sie zwar präsentiert, aber dann auch gleich verdaut.
00:18:37: Und das ändert alles.
00:18:39: Das ist etwas, das hast du sehr schön beschrieben, was mir auch wichtig war darzustellen, dass es eben keine gute Lösung ist.
00:18:47: Wenn man merkt, dass zu viel Negativität um ein herum ist, dass man sich komplett wegduckt und sich isoliert von der Außenwelt.
00:18:55: Also sprich, negativen Menschen, aus dem Weg geht, keine Nachrichten mehr entfernt sich schaut, keine Zeitung liest.
00:19:00: Denn wir dürfen ja informiert bleiben über die Welt und wir sollten es vielleicht auch.
00:19:05: Ich glaube, das ist keine Lösung.
00:19:06: Ich weiß, dass ganz viele meiner Mitautoren genau das empfehlen, ihr irgendwie Fernseh von Balkon zu schmeißen oder ihr Handy auszumachen.
00:19:14: Ich weiß nicht, ob das so praktikabel ist.
00:19:16: Weil letztendlich müssen wir uns klarmachen, dass nur weil wir wissen, was in der Welt nicht gut läuft, können wir auch etwas bewirken, können wir was verändern.
00:19:25: Andern die Handreichen, die unsere Hilfe brauchen.
00:19:27: Also eine Enthaltsachemkeit, sage ich mal, eine komplette Abstinenz ist nicht sinnvoll und technisch auch glaube ich gar nicht möglich.
00:19:36: Deswegen verfarre ich einen anderen Ansatz und da ist genau das, was du einem wunderschönen Beispiel des Podcasts nanntest, die Geschichten zu Ende zu erzählen.
00:19:49: Der Aspekt der meisten Nachrichten ist ja, dass sie uns mit Schlagzeilen allein lassen, wie jemand, der unsere Wunde aufreißt.
00:19:57: Und dann lesen wir das und wie fast food stopfen das in uns rein und dann liegt das erstmal wie ein dicker Fetter Kloos im Magen.
00:20:05: Und der macht dann irgendwie das Blutfett im übertragenen Sinne.
00:20:09: Aber mit der Verdauung werden wir allein gelassen und ich glaube, dass das wichtig ist, dass wir nicht nur die Mängel, sondern die Art, wie wir Informationen konsumieren, verändern.
00:20:23: Dass wir wieder mehr Zeitungen mit Hintergründen lesen, die wirklich sorgfältigen Qualitätsjournalismus betreiben, die das pro und kontra darstellen.
00:20:32: Und die nicht nur allein auf, sozusagen, clickbaiting ausgesetzt sind.
00:20:38: Wir wissen ja heute, interessante Studie übrigens, dass jedes negative Wort in einer Schlagzeile die Klickrate um 2,3% steigert.
00:20:47: Ist irre, oder?
00:20:48: Total.
00:20:49: Und dass wir also nicht nur News durchscrollen oder Headlines kurz abtasten, sondern uns mit Dingen wieder mehr beschäftigen.
00:20:59: Und das könnte eben durch gute Qualitätsjournalismus erfolgen oder auch, das kam so ein bisschen in dem schon durch, was du gerade sagtest, in dem wir uns damit auseinandersetzen und austauschen untereinander.
00:21:12: Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster, Nils.
00:21:15: Ich glaube, dass früher die Stammtische, weißt du, wo Menschen zusammengesessen haben und miteinander über etwas diskutiert haben, eine unglaublich wertvolle psychische Entlastung darstellte.
00:21:28: Weil man zog mal über den gleichen Politiker her, das tut dann auch mal gut und lacht viel.
00:21:34: Aber ich glaube, man ordnet auch viel ein.
00:21:36: Weißt du, der eine war für den anderen korrektiv und umgekehrt.
00:21:40: Ganz genau.
00:21:41: Man war nie allein.
00:21:42: Das, was so im Dorf passierte, was man las, das wurde aufgenommen, das wurde in den Stammtisch gebracht, in die Gruppe.
00:21:48: Und es hat dort eine Korrektur erfahren, eine Nivellierung oder eine Angleichung.
00:21:55: Und dann hat das irgendwie geklärt, dann konnte man die Schublade zumahmen und ging es mit Leben weiter.
00:22:00: Und das ist heute nicht mehr so.
00:22:01: Wir sind alleine mit den Dingen.
00:22:03: Und das wühlt uns auf, das lässt uns schlecht schlafen.
00:22:06: Und buch, deswegen glaube ich, wenn ich mir überlege, dass gerade Kinder heute schon das Wesentliche von der Welt aus TikTok erfahren,
00:22:16: sei es über Palästina und Israel, da kriegt man ja Gänsehaut.
00:22:20: Wirklich.
00:22:21: Da ist niemand, der das korrigiert.
00:22:23: Glaube ich, dass wir wieder dahin kommen müssen, dass wir diese Geschichten zu Ende erzählen, dass Lehrer so was aufgreifen,
00:22:30: miteinander diskutieren, dass in Familien das auch miteinander diskutieren, damit die Kinder eine Korrektur bekommen.
00:22:36: Jemand, der das von außen wieder so in Bahnen lenkt.
00:22:39: Und das halte ich für wahnsinnig wichtig.
00:22:42: Ich erinnere da ein bisschen, wenn ich das vielleicht noch sagen darf, fällt mir gerade so ein, an die Geschichten.
00:22:49: Ich weiß nicht, hast du Kinder, Nils?
00:22:50: Ich weiß es gar nicht.
00:22:51: Ja, ja.
00:22:52: Also meine Tochter ist 22 und schneidet auf diesen Podcast.
00:22:55: Schöne Grüße.
00:22:56: Ach, schön.
00:22:57: Dann wirst du dir wahrscheinlich keine gute Nachtgeschichte mehr vorlesen, aber du hast es getan, vermutlich.
00:23:02: Definitiv.
00:23:03: Nein, nein, das war meine Aufgabe.
00:23:05: Schön, schön.
00:23:06: Und ich habe das auch total genossen.
00:23:08: Und ich musste dann immer so ein bisschen lachen, wenn mein, insbesondere mein Sohn, alles wissen wollte nach der Geschichte.
00:23:14: Weißt du?
00:23:15: Also er gab sich mit Enden, die noch nicht so ganz klar sind, gab er sich nie zufrieden.
00:23:18: Er wollte also genau wissen, was genau und warum es passierte, warum denn das jetzt in diese Richtung ging und nicht in die andere.
00:23:25: Und was ist denn jetzt noch mit der Nebenfigur und so.
00:23:27: Und das Schöne war, wenn man das erklärte, manchmal musste ich dann irgendwas erfinden, weil die Geschichte das gar nicht hergab.
00:23:33: Und diese Dinge waren geklärt.
00:23:36: Die Geschichte war zu Ende erzählt.
00:23:39: Dann konnte er glücklich einschlafen.
00:23:41: Und das Entscheidende war gar nicht, dass da alles immer Friedefreude, Eierkuchen war.
00:23:45: Weißt du?
00:23:46: Manches war eben auch nicht gut.
00:23:48: Aber es war koherent, sagt man der Psychologie.
00:23:50: Also es war sinnhaft irgendwie.
00:23:52: Es war, es war fertig.
00:23:54: Und das ist das, was wir brauchen.
00:23:56: Wir brauchen fertige Geschichten.
00:23:58: Und deswegen glaube ich, ist, wir haben es verdient zu erfahren, was wir Gutes erreicht haben, was wir schon geschafft haben.
00:24:06: Auf dem Weg der Klimapolitik, der Migrationspolitik, so diese heiße Eisen, die die Menschen im Herzen tragen.
00:24:12: Damit sie das Gefühl haben, hey, die Geschichten sind nicht nur irgendwo angefangen.
00:24:16: Wir kommen weiter in der Geschichte, Schritt für Schritt.
00:24:18: Und wir kriegen das zu Ende.
00:24:20: Das tut gut.
00:24:21: 100 Prozent, 100 Prozent.
00:24:23: Ich habe übrigens in meinen verschiedenen Stimmen sogar gesprochen.
00:24:25: Und dann wurde auch teilweise in der Frage, oh, die hat aber eine gruselige Stimme.
00:24:29: So als ob da irgendwo eine Regieanweisung war, dass sie ja jetzt eine Sprechen zu sprechen hat.
00:24:33: Ich glaube, du hast eine total gute Märchenstimme, glaube ich.
00:24:37: Ja, nein, ich meine mit gruselig, dass ich dann wirklich so die böse Wichte auch eine sehr böse Stimme gegeben habe.
00:24:42: Ach so, ja, ja, absolut.
00:24:43: Also von daher ist das ganz lustig gewesen.
00:24:46: Sag mal, gibt es eine persönliche Erfahrung, die deine Sichtweise auf die mentale Gesundheit maßgeblich verändert hat?
00:24:53: Ich komme ja ursprünglich aus der Neurologie.
00:24:58: Also ich war immer schon sozusagen ein Mediziner für den Kopf.
00:25:01: Unterhalb des Schlüsselbeins habe ich keine Ahnung mehr.
00:25:04: Aber die Neurologie war sehr, ich sage mal, körperlich verhaftet.
00:25:10: Das heißt, man kümmert sich da um Multiplesklerose, Alzheimer, Parkinson, Schlaganfall,
00:25:15: das sind so klassische neurologische Erkrankungen.
00:25:17: Und natürlich wissen auch Neurologen, dass die Seele eine riesige Rolle spielt,
00:25:20: oder die Psyche, müsste man besser sagen.
00:25:22: Aber man behandelt sie nicht mit.
00:25:24: Und so war ich auch sozialisiert.
00:25:25: Danach dazukam die Wissenschaft, die ja sehr molekular denkt.
00:25:29: Also ich war eigentlich ein ganz zürchterlicher Organmediziner.
00:25:33: Und als ich dann vor einigen Jahren wechselte in die Psychiatrie,
00:25:36: musste ich die Medizin nochmal ganz neu kennenlernen.
00:25:40: Weil die Psychiatrie ein Fach ist, die den Menschen als Ganzes sieht.
00:25:44: Da spielt Psyche natürlich die führende Rolle, aber auch Philosophie,
00:25:50: Spiritualität oder Religiosität eines Menschen, die Sozologie oder die eingebunden Seine in eine Gemeinschaft.
00:25:58: Also ganz, ganz viele Aspekte, die das Glück oder das Wohlergehen
00:26:03: und auch die Symptomatik letztendlich mit beeinflussen.
00:26:06: Das habe ich in der Psychiatrie kennengelernt.
00:26:08: Und wenn du fragst, was war so deine Ereignisse, dann würde ich eben sagen,
00:26:11: so die ersten Jahre in der Psychiatrie, als ich erkennen musste,
00:26:15: der Mensch ist mehr als Moleküle und Rezeptoren.
00:26:18: Das sind zwar alles wichtige Aspekte, aber der Mensch ist eingebunden in eine Welt.
00:26:23: Daher auch das Interesse in dem Buch Kopf hoch, weißt du?
00:26:27: Dass ich gemerkt habe, ich kann die Gesundheit und die Zufriedenheit eines Menschen
00:26:32: nicht betrachten, ohne das Umfeld zu sehen, die Welt in der eingebettet ist,
00:26:38: die Familie, das Betriebsklima auf der Arbeit oder eben die politischen Verhältnisse.
00:26:43: Das spielt eine Rolle, dass wir sind damit verwoben, so wie Wurzeln eines Baumes im Wald miteinander auch,
00:26:50: wie man ja sagt, Kontakt zueinander haben und kommunizieren.
00:26:54: Und so ist es beim Mensch auch. Und das wollte ich mal betrachten, um das etwas ganzheitlicher anzusehen.
00:26:59: Ich lerne aber immer noch dazu. Also ich bin da auch keinesfalls so, dass ich alles weiß.
00:27:04: Aber ich freue mich, dass ich das so für mich erfahren durfte.
00:27:08: Was ich sehr spannend in deinem Buch fand, war, dass man, wenn man den Titel so betrachtet,
00:27:12: würde man ja eigentlich so sagen, dass der Fachbegriff dafür wäre,
00:27:15: dass das ein Buch über Resilienz ist.
00:27:17: Und Resilienz ist ja quasi eher aus der Materialleere ein Begriff.
00:27:22: Und du distanzierst dich ein wenig davon. Und das fand ich wirklich sehr interessant.
00:27:28: Weil ich glaube, Resilienz ist ja wirklich so ein totaler, ich auch ein bisschen Mode-Trend,
00:27:32: sage ich mal so, was immer Sache mentale Gesundheit da immer drüber zu sprechen.
00:27:36: Und dass du einfach mal, ich sage mal so, dass das neue Gleichnis aufmacht.
00:27:41: Jeder, der jetzt hier schon diese halbe Stunde zugehört hat, merkt ja, was du ein Meister im Gleichnissen du bist.
00:27:46: Nichtsdestotrotz erklär doch mal kurz, warum du dich so ein ganz klein bisschen von dem Resilienzbegriff distanzierst.
00:27:51: Ich weiß gar nicht, ob es wirklich eine Distanzierung ist.
00:27:57: Eine Abgrenzung, sagen wir mal eine Abgrenzung.
00:27:59: Ja, eine Abgrenzung, genau. Also der Begriff der Resilienz, du hast es ja im Prinzip schon gesagt,
00:28:04: ein Wort aus der Bauphysik, mit der man die Fähigkeit eines Objektes beschreibt,
00:28:11: in sein ursprünglichen Zustand zurückzukehren, wenn der Druck oder die Spannung nachlässt.
00:28:16: Und das hat man wie über ihn viele andere Aspekte der Physik auch auf die Stressphysologie übertragen.
00:28:23: Und deswegen benutzt man den Begriff Resilienz heute, um die psychische Widerstandsfähigkeit eines Menschen zu beschreiben.
00:28:31: Das ist auch ein völlig, wie soll ich sagen, brauchbarer und praktikabler Begriff.
00:28:39: Und all das, was wir über Resilienz wissen, ist richtig und wichtig.
00:28:43: Ich wollte mich in keiner Weise dagegen aussprechen oder ein Konkurrenzmodell entwerfen.
00:28:49: Ich benutze die Begriffe Resilienz ganz genauso, das ist absolut völlig in Ordnung.
00:28:54: Es gibt eine Kleinigkeit bei dem Begriff, die den ganzen System Resilienz immer schon anhaftete,
00:29:04: als etwas, was das ganze System, ich sage mal, etwas vorsichtig ins Wanken bringt.
00:29:09: Und das ist die Tatsache, dass der Mensch eben kein Objekt aus der Bauphysik ist.
00:29:14: Keine Brücke, kein Schwamm, kein Gummiball. Also die klassischen Gegenstände aus der Resilienzsprache.
00:29:22: Sondern wir prallen nie, also wirklich praktisch nie in den Ursprungszustand zurück,
00:29:30: wenn wir aus einer Krise wieder aufstehen.
00:29:33: Sondern wir haben uns verändert.
00:29:35: Das Mensch hier lebens eine ständige Veränderung, übrigens auch ohne Krisen.
00:29:40: Also kein Gummiball ist zu einer Geburt dergleiche wie zu einem Tod, anders als ein Gummiball.
00:29:47: Der bleibt eben der Gummiball, ist immer gleich, bis er irgendwann verrottet vielleicht.
00:29:51: Aber Menschen verändern sich.
00:29:54: Und damit meine ich jetzt nicht irgendwie Gesichtsfalten wie bei uns beiden Nils,
00:29:58: sondern oder dass die Haare ausgehen bei mir noch mehr als bei dir,
00:30:02: sondern ich meine, dass wir uns als Menschen weiterentwickeln.
00:30:07: Du bist jetzt ein ganz anderer Nils als vor 20 Jahren und ich ein ganz anderer Volker, als ich in 30 Jahren sein werde.
00:30:13: Das ist ja im Prinzip auch weiß ja auch jeder. Es ist ja nichts, nichts, keine Rackete.
00:30:18: Und das ist ja auch gut so. Das Leben soll ja auch nach oben auf den Bleib.
00:30:22: Ja absolut. Wir entwickeln, weißt du, wir haben eine Heißplütigkeit in der Jugend.
00:30:26: Das ist sinnvoll, weil wir da was sozusagen auf die Beine bringen.
00:30:30: Wir entwickeln aber so eine gewisse Gelassenheit im Alter, was gut ist, weil die körperlichen geistigen Fähigkeiten nachlassen.
00:30:36: Alles hat ja alles seinen Sinn. Und der Begriff der Resilienz wird dem nicht gerecht.
00:30:42: Und er setzt Menschen auch unter Druck, weil sie denken, sie müssten immer wieder so werden, wie sie waren.
00:30:48: Und ich versuche eigentlich, und das macht jeder Psychiater, der mit Menschen arbeitet, die durch Krisen gehen,
00:30:54: zu zeigen, dass ein schwerer Schicksalsschlag, den man verarbeitet im Leben, auch dazu dienen kann,
00:31:02: dass man aus ihm irgendetwas mitnimmt, dass man etwas lernt.
00:31:07: Also ich meine jetzt gar nicht diesen vielbeschworenen Slogan, dass Krisen ein Stark machen und so ein Quatsch.
00:31:14: Das mag ich eigentlich gar nicht und das stimmt auch gar nicht.
00:31:16: Manche Krisen machen einen auch Zeit eines Lebens schwächer. Auch das gehört zur Wahrheit.
00:31:20: Aber in jedem Fall können Krisen uns verändern.
00:31:25: Und oft, und das ist mir ganz wichtig an der Stelle, verändern sie uns zu etwas Besserem.
00:31:31: Weil wir aus etwas lernen und verändert hervorgehen.
00:31:35: Und das ist einem Gummiball nicht sozusagen zuzumuten, eine Mensch schon.
00:31:40: Und deswegen grenze ich mich so ein bisschen von dem Begriff Resilienz ab und benutze viel lieber das Bild des mentalen Immunsystems.
00:31:49: Denn, jetzt kann man am Schluss den Sack zumachen, dass Immunsystem ja ein System ist,
00:31:56: wir kennen es auch vom körperlichen Immunsystem, was fortwährend lernt.
00:32:00: Und das macht uns in der Auseinandersetzung mit Bakterien und Viren immer stärker.
00:32:04: Einmal Wind pocken, nie wieder Wind pocken, im besten Fall zumindest.
00:32:08: Und so ist es beim mentalen Immunsystem auch.
00:32:11: Wir werden in der Regel durch partnerschaftliche Trennung finanzielle schwierige Zeiten,
00:32:18: vielleicht auch mal die Auseinandersetzung mit einer Erkrankung,
00:32:21: und so werden wir eigentlich stärker und besser.
00:32:24: Wir lernen unsere Fähigkeiten kennen, wissen auf wen wir uns verlassen können, wer uns unterstützt.
00:32:29: Und so weiter wir entwickeln Selbstvertrauen.
00:32:32: Und wir werden in der Regel besser, wenn wir die Krisen bewältigen, wohlgemerkt.
00:32:36: Ich sage dir schon, das kann man leider nicht immer voraussetzen, aber in den meisten Fällen ist es so.
00:32:40: Schlussstrich, wir werden deswegen von Krise zu Krise, wenn wir gesund sind, und diese Krisen meistern besser.
00:32:49: Das ist auch gezeigt worden.
00:32:51: Eine sehr, sehr toll gemachte wissenschaftliche Arbeit, ich glaube von der Universität Dörhem,
00:32:56: müsst ihr nochmal nachschauen, hat gezeigt, dass wir im Schnitt fünf schwere Krisen haben im Leben.
00:33:02: Und die Forscherinnen konnten mit ihren Kolleginnen und Kollegen zeigen,
00:33:06: dass wir im Laufe des Lebens Krisen besser bewältigen.
00:33:11: Nicht weil die Krisen leichter werden, sondern weil unsere Fähigkeiten sie zu lösen
00:33:15: oder uns mit Problemen zu arrangieren besser werden, verstehst du?
00:33:18: Und das führt dazu, dass wir eben kein Gummiball sind.
00:33:21: Wir verändern uns und wir können uns anpassen, wir sind flexibel.
00:33:25: Ich kann dir nur 100% nicht zustimmen.
00:33:28: Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich immer, dieser Satz, so kalenderspruchmäßig,
00:33:33: "everything happens for a reason".
00:33:34: Ich habe so ein ganz, ganz großes Schicksalsgläubigkeit sozusagen.
00:33:39: Das heißt also, bei mir ist es wirklich so, dass ich alles, ich würde es jetzt nicht als Krise bezeichnen,
00:33:43: weil alles, was mir Negatives bisher im Leben passiert ist, irgendwie dann doch am Ende immer irgendeinen Sinn gegeben hat.
00:33:48: Und das ist natürlich auch etwas, was ich gelernt habe, sage ich immer so, über die Zeit.
00:33:53: Das heißt also, wenn ich dann am Ende sehe, dass dann doch alles gut wird,
00:33:56: dann gehe ich auch mit einer gewissen Resilienz, ich nenne sie jetzt trotzdem mal so durchs Leben,
00:34:02: dass ich einfach mal sage, tja, dann ist es so, für irgendwas wird es schon ein Grund gehabt haben,
00:34:07: ich weiß nur noch nicht welchen.
00:34:08: Und du bist dann, ich könnte in meinem Bild, du bist dann immunkompetenter in der Auseinandersetzung
00:34:14: mit einem Krankheitserreger dieser Art für die Zukunft.
00:34:18: Weil du gelernt hast, daraus das in dein Leben zu integrieren.
00:34:22: Und das ist übrigens auch bewiesen, dass was du sehr schön selber in deinem Leben beobachtest,
00:34:26: ist wissenschaftlich evident.
00:34:28: Man hat zeigen können, wenn Menschen einer persönlichen Krise,
00:34:31: sagen wir zum Beispiel eine partnerschaftlichen Trennung, die ja für jeden schwer ist,
00:34:34: in der Regel zumindest, wenn man eigentlich bei seinem Partner hätte bleiben wollen zumindest,
00:34:39: dass diese Menschen dann besser durch diese Krise kommen,
00:34:43: wenn sie trotzdem ist schmerzvoll ist und Tränen kostet
00:34:47: und man den anderen wahnsinnig vermisst und Sehnsucht hat.
00:34:50: Dass man sagen kann, okay, es hat aber einen Grund,
00:34:54: und den kann ich nachvollziehen und ich lerne daraus und beim nächsten Mal mach ich es besser.
00:34:58: Wenn man es auf diese Weise integrieren kann, dann macht das den Schmerz nicht nur leichter,
00:35:03: sondern man geht auch stärker daraus hervor.
00:35:05: Kannst du eine spezielle Technik oder Übung empfehlen, die du in deiner Praxis verwendest,
00:35:09: um Patienten bei der Stressbewältigung zu helfen?
00:35:12: Ich meine, du hast ja ganz viel in deinem Buch und die Leute sind ja auch alle noch dein Buchkauf,
00:35:15: aber hast du vielleicht etwas, wo du sagen würdest, das kannst du hier auch teilen?
00:35:17: Ja, ich mach das total gerne, wie viele Redezeit hab ich.
00:35:21: Und du, da gibt es so viele, das ist nur sehr schwer zu sagen,
00:35:26: weil es Menschen gibt, die den Hilfen eher mentale Techniken,
00:35:32: anderen helfen körperliche Techniken, manche wiederum emotionale Techniken,
00:35:36: also die Art und Weise, wie ein Mensch Stress abbaut,
00:35:40: ist immer ganz entscheidend, das muss ich vorher herausfinden.
00:35:43: Es gibt ja auch bei Männern und Frauen große Unterschiede.
00:35:47: Bei Frauen zum Beispiel hilft das, was wir Social Coping nennen, am allerbesten.
00:35:51: Also Frauen hilft bei Belastungen im Leben.
00:35:54: Das ist überhaupt nicht sexistisch gemeint, man muss ja heutzutage aufpassen bei Diskussionen dieser Art,
00:36:00: aber wissenschaftlich gibt es Unterschiede diesbezüglich zwischen Männern und Frauen.
00:36:05: Und Frauen neigen dazu in Stresssituationen am liebsten über soziale Beziehungen,
00:36:12: diesen Stress zu lindern, indem sie sich nicht beispielsweise mit einer Freundin im Park
00:36:16: zum Spazierengehen treffen oder in den Kaffee setzen oder vielleicht mit einem Partner auch durchsprechen oder so.
00:36:21: Also Social Coping. Das ist bei Männern überhaupt nicht so.
00:36:24: Es gibt natürlich auch viele Männer, die das schätzen,
00:36:26: aber das ist im Mittelwert nicht auf Platz Nummer 1.
00:36:31: Bei Männern ist das Physical Coping, spielt eine riesige Rolle.
00:36:35: Also sie gerne boxen zum Laufen oder zum Klettern in den Wald oder in die Berge
00:36:41: und müssen sich irgendwie auspauern, um sich wieder zu spüren und sich wohlzufühlen.
00:36:46: Insofern, um deine Frage zu beantworten, müsst ihr vorher wissen, welcher Mensch sitzt vor mir,
00:36:51: welche Art von Stress hat er, was entspricht seinen Neigungen, Interessen.
00:36:56: Und dann würde ich aus dem jeweiligen Bereich, ich nenne sie nochmal, mental, körperlich oder sozial,
00:37:02: etwas rausholen und ihm zwei, drei Vorschläge anbieten.
00:37:06: Ist wirklich total interessant, weil ich hatte mich gerade gefragt, was ich denn mache.
00:37:10: Und es ist ganz lustig, ich bin dann irgendwie so ein bisschen weder noch,
00:37:13: weil bei mir ist es tatsächlich so, wenn ich so wirklich einen Konflikt hatte, eine große Auseinandersetzung,
00:37:18: dann rufe ich sehr gerne danach Freunde oder Kollegen, die mir vertraut sind an,
00:37:23: rede dann aber nicht über das Thema, sondern ich fühle mich einfach nur besser,
00:37:28: dadurch, dass ich eben halt keine Ahnung, ob ich was ganz anderes rede
00:37:31: und die Geborgenheit, die Geborgenheit in Anführungsstrichen dieser Beziehung, dieser Freundschaft eben halt spüre.
00:37:36: Genau, damit, das ist total schön, was du sagst, damit machst du, kombinierst du zwei Techniken.
00:37:42: Das eine ist das soziale, weil, wie du schon sagst, du hast liebe Freunde,
00:37:46: mit denen du Zeit genießt, du hast gesagt, du fühlst dich geborgen.
00:37:50: Und die andere Technik, die du nutzt, ist das, was wir schlichtweg "Ablenkung" nennen.
00:37:55: Das heißt, du beschäftigst dich bewusst nicht mit dem Problem,
00:37:59: sondern suchst dein Heil in einem anderen Gesprächsthema.
00:38:03: Und das ist auch in Ordnung, das ist zum Beispiel da, da bin ich auch so ein Typ,
00:38:07: der sehr, sehr gut auch zur Ruhe kommt, wenn er mal kurze Zeit vergessen kann,
00:38:12: was einem so die ganze Zeit im Kopf geht.
00:38:14: Manche müssen es ja lösen und müssen die Probleme sofort irgendwie angehen.
00:38:18: Auch das ist in Ordnung, das sind eher die instrumentellen Stresslöser,
00:38:22: die also hingehen und das Problem irgendwie angehen.
00:38:25: Aber es gibt auch Menschen, die sich ablenken für einen Moment mal alles vergessen.
00:38:29: Das ist auch was sehr Gutes.
00:38:31: Es gibt nur eine Ausnahme, ich weiß nicht, ob das jetzt so weit führt,
00:38:34: aber lasst mich das ganz kurz sagen, sind leider oft auch Männer,
00:38:38: die bei dieser Ablenkung Achtung niemanden haben
00:38:42: und das sind die klassischen Trinker in Bars und Kneipen.
00:38:46: Denn der Alkohol ersetzt dann den Kumpel
00:38:49: und Alkohol hilft uns, die Dinge zu vergessen.
00:38:51: Auf dem Wunsch, den Wunsch, sich abzulenken,
00:38:54: die kompletten Sorgen und Krübelgedanken loszuwerden, fängt mal an zu saufen.
00:38:59: Und das kann auch gefährlich sein.
00:39:01: Aber unabhängig davon ist prinzipiell sich auch mal abzulenken,
00:39:06: seinen Kopf mal in eine andere Richtung auszurichten.
00:39:09: Am besten mit Freunden, wie du schon sagst, was anderes zu tun
00:39:12: und über was anderes zu sehen, ist was sehr wertvolles.
00:39:14: Also behalt dir das gerne bei.
00:39:16: Auf jeden Fall. Ich habe auch nochmal einen zusätzlichen Vorteil.
00:39:19: Ich trinke kein Alkohol, wenn ich schlechte Laune habe.
00:39:21: Das heißt, bei mir ist das Alkohol gleich nur bei guter Laune.
00:39:25: Ich habe das tatsächlich schon als Teenager gehabt.
00:39:27: Da habe ich meine Freunde mit mir Schluss gemacht
00:39:29: und dann meinte mein bester Freund, mit mir was trinken gehen zu müssen.
00:39:32: Mir hat das Bier nicht geschmeckt, weil ich finde dann einfach,
00:39:35: das ist so ein Stimulator für gute Laune.
00:39:39: Und wenn ich keine gute Laune habe, weil ich auch nichts stimuliert habe,
00:39:42: dann habe ich noch mehr schlechte Laune.
00:39:44: Das ist ja die bestimmten gute Schutz vor Trinkerei.
00:39:47: Du sprichst oft von der Infektion unseres Geistes durch negative Nachrichten.
00:39:52: Wir haben ja schon ein bisschen darüber gesprochen,
00:39:55: wie man sich auch so schützen kann.
00:39:57: Würdest du sagen, dass haben wir schon weitestgehend gesprochen,
00:40:01: abgesehen von den Tiefgang, der jetzt einen Buch noch hat
00:40:03: und möchtest du noch etwas zu dieser Infektion des Geistes sagen?
00:40:07: Mir war das wichtig, darüber auch ein kleines Kapitel in dem Buch zu schreiben,
00:40:12: weil ich das Gefühl hatte, dass wir in Zeiten von Corona
00:40:16: eigentlich nur noch über Lungenviren gesprochen haben.
00:40:19: Und ich glaube, dass die wirklich schlimmsten Krankheitserreger
00:40:24: nicht unsere Lunge infizieren, sondern unseren Geist.
00:40:27: Mit Hass, mit Angst, mit Zwietracht und mit all diesen Dingen.
00:40:32: Mit Neid, ganz genau. Man könnte das sicherlich fortführen
00:40:37: und auf viele andere Dinge noch übertragen.
00:40:40: Und all das ist natürlich nicht neu.
00:40:42: Das war natürlich immer in der Menschheit schon drin, keine Frage.
00:40:45: Nur in einer Welt, die so viele Menschen beherbergt,
00:40:48: die alle berechtigte Ansprüche auf Zufriedenheit
00:40:52: und ein Leben in Frieden haben.
00:40:56: Und gleichzeitig in einer Welt, in der sich so viel tut
00:40:59: und drittens in einer Welt, in der wir alles von jedem erfahren,
00:41:03: weil wir die Welt ja in unseren Hosentagen mit uns rumtragen,
00:41:08: also sprich in Form unserer Handys,
00:41:10: ist das heutzutage, glaube ich, wirklich schwierig geworden zu regeln.
00:41:18: Und ich merke, dass deswegen passt das so schön.
00:41:21: Ich habe das auch gar nicht erfunden.
00:41:23: Da gibt es andere Autoren, z.B. Mark Gledwell,
00:41:29: der als einer der ersten mal sagte, dass sich Information wie Viren verhalten
00:41:37: und sich auch so verbreiten.
00:41:38: Das ist wie gesagt auch manchmal eine virale Ausbreitung im Netz
00:41:41: bei Twitter oder bei X, wie es jetzt heißt.
00:41:44: Also diese Begrifflichkeiten haben sich gehalten und ich glaube, er hat Recht.
00:41:47: Und heutzutage sehen wir, wenn wir Fernsehgucken oder Zeitungen lesen,
00:41:51: dass sich manche Gefühle epidemisch ausbreiten,
00:41:55: sehen wir beispielsweise jetzt die Antifahr- oder Intifader-Proteste
00:42:00: an deutschen oder ausländischen Universitäten,
00:42:04: wo sich Hassstimmung gegen welches Land auch immer,
00:42:09: epidemisch über Bevölkerung schlichten,
00:42:11: in dem Fall Studenten, teilweise Professoren ausbreiten,
00:42:14: die sie in unreflektiert übernehmen, wie eine Infektion des Herzens, des Hirns.
00:42:20: Das macht mir schon Sorge.
00:42:22: Und deswegen wollte ich darüber ein bisschen schreiben
00:42:24: und zeigen, wie wir uns schützen können und auch müssen,
00:42:26: damit wir nicht alle irgendwie an dem gleichen Erreger erkranken
00:42:30: und dann niederlegen.
00:42:31: Ich habe das mal sehr stark gemerkt, wie sehr man davor nicht gefeiert ist
00:42:36: bei dem Thema Corona tatsächlich, als die Impfung dann da war
00:42:39: und die ersten, also eigentlich alle theoretisch hätten durchgeimpft sein können,
00:42:44: aber es ist ein paar Verweigerer gibt es ein paar mehr, die es nicht gemacht haben.
00:42:49: Wenn du das noch erinnerst, was für eine Hetze und was für eine Schulzuweisung
00:42:53: auf diese Menschen gegeben wurde.
00:42:55: Das heißt also, es war wirklich so, dass wir dann im Herbst da waren
00:42:58: und es hieß dann so, es kommt ein neuer Lockdown
00:43:00: und Schulter ran sind nur die Ungeimpften.
00:43:04: Im Nachhinein betrachtet muss man ja wirklich sagen,
00:43:07: völliger Schwachsinn, also stimmt ja einfach nicht,
00:43:10: aber nichts ist so trotz, ich meine, da waren wir ja kurz davor,
00:43:13: die Impfgegner sozusagen irgendwie zur Zwangsimpfung dann irgendwie zu hinzubringen
00:43:18: und vom Leben abzuschneiden.
00:43:20: Also was für ein wahnsinniger Hass sich da eigentlich quasi auf zwei Lagergängs,
00:43:26: die ich aufgebaut haben, der eigentlich, wenn man mal ehrlich ist,
00:43:29: ja auch sehr stark Medien geprägt war.
00:43:31: Natürlich.
00:43:32: Er war nicht nur Medien geprägt, ich glaube auch,
00:43:35: ohne jemandem jetzt hier an den Prangerstellen zu wollen,
00:43:38: er war auch mit Medien verursacht.
00:43:41: Denn die Medien haben natürlich hier eine treibende Kraft,
00:43:44: auch Stimmungen aufzunehmen, zu vervielfältigen oder zu akzentuieren.
00:43:49: Und weil wir alle wissen, dass Medien auch heute einen riesigen Kampf
00:43:53: um die Aufmerksamkeit ihrer Leser und Kukker kämpfen,
00:43:56: tun sie natürlich alles, um auch gesehen zu werden.
00:43:59: Das liegt ein ureignes Interesse, Medien wollen sie verkaufen,
00:44:02: das ist ja im Prinzip auch in Ordnung, aber der Druck heute
00:44:05: lastet auf ihnen natürlich noch viel höher,
00:44:07: in dieser Konkurrenz mit Tiktok und Social Media überhaupt noch
00:44:12: Nutzer zu finden.
00:44:14: Und deswegen haben wir, glaube ich, in der Corona-Pandemie
00:44:17: auch ein Kampf der Medien um ihr Überleben gesehen,
00:44:20: die alles getan haben, um irgendwie in den grauen Mäusen
00:44:23: ein paar weiße Flecken zu haben und aufzufallen.
00:44:27: Und das hat sicherlich viel Öl ins Feuer gegossen.
00:44:29: Da bin ich sicher, dass die Medien hier auch eine driftige Mitschuld haben,
00:44:32: muss ich leider so sagen.
00:44:34: Welche Bedeutung hat eigentlich die digitale Transformation,
00:44:38: insbesondere die Verbreitung von KI in der Medizin
00:44:41: für dein Fachgebiet?
00:44:43: Das ist aber jetzt ein Wechsel des Themas.
00:44:45: Das ist in der Tat ein Wechsel des Themas, aber ich hatte...
00:44:48: Aber ein schönes Thema.
00:44:50: ...zu tief in die Corona-Krise hier nochmal wieder einsteigen.
00:44:53: Ja, aber wenn du mir diesen einen abschließenden Satz noch erlaubst,
00:44:57: vielleicht dazu, man möchte nicht gern zurückblicken.
00:45:00: Und man möchte natürlich am liebsten das unleidige Thema Corona vergessen.
00:45:05: Das ist ja menschlich und verständlich.
00:45:07: Und trotzdem, lasst mich das so formulieren
00:45:10: und zwar ganz wohlwollend und wertschätzend.
00:45:12: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns mit den Fehlern auseinandersetzen,
00:45:17: die wir alle wohlgemerkt, alle auf den begrenzten jeweiligen Fachgebieten,
00:45:21: Politik, Epidemiologie, Medizin und so weiter gemacht haben.
00:45:25: Weil dann haben wir die Chance, aus den Fehlern zu lernen
00:45:29: und es beim nächsten Mal besser zu machen.
00:45:32: Und wir sind alle der Meinung, dass...
00:45:34: oder wir sind alle, glaube ich, kommen wir schnell über einen,
00:45:37: dass es nochmal eine Epidemie G oder eine Pandemie geben wird
00:45:40: in einer so globalen, vernetztem Welt.
00:45:43: Und weiß ich, hoffen natürlich nicht, aber vielleicht ist der Reger schlimmer.
00:45:46: Und dann wäre es gut, dass wir besser sind.
00:45:49: Pandemie 2.0, dass wir Schüler besser schützen können,
00:45:53: dass wir Debattenkulturen anders führen,
00:45:56: dass wir eben, wie du sehr schön gesagt hast,
00:45:58: Menschen nicht an den Pranger stellen, die auch nichts für die Pandemie können,
00:46:03: die nur Angst haben, vielleicht aus gutem Grund, sich nicht impfen zu wollen.
00:46:06: Und so weiter. Wir könnten aus ganz vielen Fehlern lernen.
00:46:09: Und jetzt schließe ich nämlich der Kreis zu dem,
00:46:12: was wir am Anfang unseres Gesprächs diskutiert haben.
00:46:15: Dann würde das eintreten, was wir Integration nennen.
00:46:18: Also wir lernen aus der Krise und werden dann wirklich besser beim nächsten Mal.
00:46:23: Und deswegen wünsche ich mir die Aufarbeitung,
00:46:25: nicht um Schuldige zu finden und die zu bestrafen.
00:46:27: Das ist nicht mal ein Ansatz, sondern um gemeinsam als Gesellschaft
00:46:30: besser zu werden für das nächste Mal.
00:46:33: Und deswegen finde ich es gut, dass wir es ansprechen.
00:46:35: Lass es uns doch ruhig auch ganz kurz.
00:46:37: Nein, nein, ich finde es auch gut.
00:46:38: Wenn Sie jetzt verlassen das Thema, aber es ist wichtig, glaube ich.
00:46:41: Ich finde es total wichtig.
00:46:42: Ich muss ganz ehrlich sagen, das war für mich, man denkt doch immer so,
00:46:46: man ist ein aufgeklädter Mensch und wenn man immer hört,
00:46:48: ja, die Medien manipulieren einen, dann denkt man so, ja,
00:46:51: die anderen werden da manipuliert, aber ich doch nicht.
00:46:54: Und ich war wirklich einer meiner Mitarbeiter im Team,
00:46:59: der längste Mitarbeiter, der mir freundschaftlich am meisten verbunden hat,
00:47:02: war eben halt so ein Impfgegner.
00:47:04: Und ich hatte tatsächlich, ich war so kurz davor,
00:47:06: wirklich mit dem eine Konfrontation dazu zu starten in diesem Herbst.
00:47:10: Und da war ich auf einer Veranstaltung,
00:47:13: hatte ich dann einen anderen Führungskraftar getroffen,
00:47:15: die verschiedene Mitarbeiter führt.
00:47:17: Und da hatte ich dann mit ihm darüber gesprochen,
00:47:19: ob er auch Impfgegner im Team hatte.
00:47:21: Und dann meinte ich, was machst du damit?
00:47:23: Und er sagte nichts.
00:47:24: Und dann meinte ich dann so, das ist doch scheiße.
00:47:27: Und wir kommen doch so nicht weiter und allen drüber dran.
00:47:29: Ganz ehrlich, jetzt, glaubst du, dass du durch die Konfrontation,
00:47:32: den von irgendwie dem Gegenteil überzeugen kannst?
00:47:35: Ich glaube nicht.
00:47:36: So, aber was passiert?
00:47:38: Ihr werdet dabei beide als Verlierer rausgehen,
00:47:40: weil euer Verhältnis hat sich deutlich verschlechtert,
00:47:42: er wird sich trotzdem nicht impfen lassen,
00:47:44: dein Roll wird vielleicht noch mal größer.
00:47:46: Es ist dann im Grunde eigentlich eine Loos-Bezierung, mach es nicht.
00:47:49: Und recht hat er.
00:47:51: Recht hat er.
00:47:53: Und vielleicht würde euer Disput dazu beitragen,
00:47:56: dass ihr beide beim nächsten Mal anders reagiert.
00:47:58: Das wäre doch schön.
00:48:00: Das wäre doch wirklich toll, wenn jeder diese Reflectiertheit mitbringt
00:48:03: und zu sagen, okay, beim ersten Mal ist es echt vergeigt,
00:48:05: weil wir es nicht kannten, weil wir es nicht wussten.
00:48:07: Wir machen es nächstes Mal besser.
00:48:09: Definitiv.
00:48:11: Trotzdem, wir können kein Podcast in der heutigen Zeit aufnehmen,
00:48:14: ohne auch mal das Thema KI anzusprechen.
00:48:16: Deswegen erlaube mir doch noch mal diese Frage zu wiederholen.
00:48:19: Welche Bedeutung hat KI in deiner Branche?
00:48:22: Ja, schön, das ist eine sehr schöne Frage.
00:48:24: Ganz tolle Frage.
00:48:25: Könnte man ein ganz eigenes Podcast machen wahrscheinlich?
00:48:28: Ja, auch in meinem Fach hat das eine Bedeutung.
00:48:31: Glaube aber, dass wir in der ganzen Reihe an Fachdisziplinen eher weiter hinten stehen.
00:48:36: Denn die Psychiatrie ist ja kein technisches Fach,
00:48:40: sondern ein sprechendes Fach.
00:48:42: Das heißt, es geht um Grundbedürfnisse des Menschen,
00:48:46: die man über die Sprache äußert, oder über den Körper äußert
00:48:50: und auch ein Großteil zumindest über die Sprache auch therapiert.
00:48:54: Psychotherapie läuft in erst in die über die Sprache.
00:48:57: Also, es gibt auch Musiktherapie, Sporttherapie,
00:49:00: es gibt körpertherapeutische Verfahren, ist alles richtig.
00:49:03: Aber ein Großteil der therapeutischen Einflussnahme geschieht über den Dialog.
00:49:09: Und der kann natürlich rein theoretisch auch in Ansätzen
00:49:15: schon eine KI sozusagen imitieren, aber sie kann ihn nicht ersetzen.
00:49:21: Ich könnte mir vorstellen, um deine Frage so konkret wie möglich zu beantworten,
00:49:26: dass man in der Psychiatrie die ein oder anderen diagnostischen Systeme aus der KI nutzt.
00:49:33: Soll heißen, dass man durch KI-Fragebögen einsetzt
00:49:40: und sozusagen eine paar Grundinformationen über den Patienten bekommt,
00:49:44: der sich in Form eines Dialogs mit einem Chatbot unterhält
00:49:47: und der Chatbot sozusagen dann eine Analyse des Gesprächs,
00:49:52: der Antworten auf die Fragen leistet
00:49:54: und dann dem weiterbehandelten Arzt eine orientierende Aussage über den Patienten gibt.
00:50:04: Das kann ich mir vorstellen, aber ich kann mir derzeit noch nicht vorstellen,
00:50:10: dass KI die Therapie ersetzt, vielleicht allenfalls ergänzt,
00:50:17: aber es ist meine bescheidene etwa, naja, 25-jährige Erfahrung,
00:50:23: dass wenn es um wirklich Eingemachtes geht im Leben,
00:50:27: ein Mensch hat alles verloren, ein Partner ist gestorben,
00:50:31: hat eine schwere Erkrankung, will sich das Leben nehmen und so weiter,
00:50:35: und es geht ja in der Psychiatrie um etwas, dass es da einen echten Menschen braucht,
00:50:40: den ich sehe, den ich spüre, den ich rieche, vielleicht nicht anfassen muss,
00:50:44: aber der zu mir sozusagen sich zu mir ausrichtet und empathisch sich in mich einfindet.
00:50:50: Zumindest ist mir noch kein KI-System begegnet, dass das wirklich ersetzen kann.
00:50:55: Ich glaube, das dauert noch, wenn es überhaupt jemals so wird.
00:50:58: Ja, ich hatte das damals, das ist wirklich bestimmt schon fünf bis sieben Jahre her,
00:51:03: ich kann es sagen, da hat die das UKE, das Universitätskrankenhaus in Hamburg,
00:51:07: das hatte mal so eine Art WhatsApp-App aufgelegt für Jugendliche,
00:51:15: weil eben halt genau das Problem war, dass Jugendliche, die gewisse Probleme haben,
00:51:20: eben halt sehr lange auf einen Therapieplatz eben halt warten,
00:51:22: die ja fast alle eben halt lange auf den Therapieplatz warten,
00:51:25: und die hatten ein System, das nannte sich SELI,
00:51:28: und es funktionierte wie so ein Chatbot,
00:51:30: das ist nichts anderes als eine Art hinterlegter Entscheidungsbaum, sage ich mal so.
00:51:33: Man kennt das ja also aus Zeitschriften, so wollen sie das, ja, nein,
00:51:37: und dann geht es dann immer so, entsprechend die Fragen weiter.
00:51:40: Das war ja eigentlich ein sehr triviales System,
00:51:43: wo ich sage, heute mit den large language models, wie sie chat-gbt sind,
00:51:48: würde ich jetzt denken, das kann man wahrscheinlich schon noch ein bisschen besser machen.
00:51:51: Und ich glaube, das war es tatsächlich, ich fand das bei SELI ganz interessant,
00:51:55: dass dadurch durch dieses abends oder nachmittags nach der Schule
00:51:59: eben halt immer noch mal so kurz sich so in anfügen strichen dieser Technik zu öffnen,
00:52:04: es zumindest einen gewissen, ich sage jetzt einfach mal Relief dann brachte,
00:52:08: es ist wie so ein kleines Ventil, das dann vielleicht so in die richtige Richtung gehen,
00:52:12: und da war dann eben halt ein Punkt, wo dann eben halt dieser Entscheidungsbaum
00:52:15: an einem gewissen Punkt ankam, wo man sagt, hier ist ein Red Flag,
00:52:18: und in dem Augenblick ging irgendwo im UKE eine Lampe an,
00:52:21: oder klingelte ein rotes Telefon, und dann schaltete sich ein richtiger Mensch drauf.
00:52:25: Und das fand ich schon ein spannendes System.
00:52:27: Ja, genau, das könnte ich mir vorstellen,
00:52:30: nehmen wir einen Menschen, der sehr einsam ist
00:52:33: und der überhaupt keinen Möglichkeit zum Austausch hat,
00:52:36: weil er vielleicht keinen Partner, keinen Freund hat,
00:52:39: und keinen Therapeuten oder Therapeutin, der erreichbar ist,
00:52:46: dann kann ich mir vorstellen, dass so ein Chatbot erstmal ein gewisse,
00:52:49: ja, Möglichkeit gibt überhaupt einen Kontakt zu halten,
00:52:53: wie du schon sagst, sehr niederschwellig, besser als nix, um es ganz salopp zu sagen.
00:52:57: Aber du sagst es ja selber, wenn es dann nachher wirklich ums Eingemachte geht,
00:53:02: ist es ein Mensch, der das Ganze kompliziert.
00:53:06: So ist es bisher übrigens in Flugzeugen auch.
00:53:08: Der Autopilot fliegt ja nur dann in den Cockpits, wenn alles gut läuft,
00:53:13: wenn es wirklich brenzlig wird, muss der Mensch übernehmen und die Maschine landen.
00:53:17: Und ich glaube, genau wie es im Cockpit einer Boeing oder eines Airbus ist,
00:53:22: ist es im Leben auch, wenn es wirklich um menschlich eingemachte Dinge geht,
00:53:27: also ums Eingemachte, dann braucht es den echten Menschen.
00:53:32: Und dann würden wir uns, glaube ich, nicht mit einem Chatbot zufrieden geben.
00:53:36: Liebe Volker, ich komme zu meiner letzten Frage.
00:53:40: Was ist der wichtigste erste Schritt, den jemand machen kann,
00:53:43: der seine mentale Gesundheit verbessern möchte?
00:53:45: Oh, das ist auch eine wunderschöne Frage.
00:53:50: Ich danke dir lieber Nils, und sehr schwer zu beantworten,
00:53:53: weil ich gar nicht sagen kann, was zuallererst kommt.
00:53:57: Ich würde ihm drei Dinge raten.
00:54:04: Das erste ist, immer Beziehungen zu nutzen und zu pflegen und zu genießen.
00:54:11: Denn gute Beziehungen wohlgemerkt, sei es Freunde, Nachbarn, Kollegen oder eben Familie.
00:54:18: Denn dadurch, dass wir wissen, dass Menschen um uns herum sind,
00:54:22: verteilen wir die Last auf der Schulter.
00:54:25: Das Entlastet im wahrsten Sinne des Hauses macht die Rucksäcke kleiner,
00:54:28: das ist das, worüber wir am Anfang sprachen.
00:54:30: Und eventuell kann auch jemand nicht nur trösten und Solidaritätsspenden,
00:54:35: sondern er kann auch wertvolle Hilfe und Tipps geben.
00:54:39: Also ich würde Menschen, die mental belastet sind,
00:54:43: immer versuchen, in eine Gemeinschaft zu bringen.
00:54:46: Das kann bei einer älteren Dame eine Kanastakruppe sein.
00:54:49: Das kann bei einem Mann im mittleren Lebensalter vielleicht ein Stammtisch sein.
00:54:56: Und das kann bei jungen Menschen, die heute übrigens auch häufig einsam sind,
00:55:00: ein Sportverein sein oder eine Band, in denen sie Musik machen.
00:55:03: Es spielt letztendlich keine Rolle.
00:55:05: Aber zu wissen, dass da jemand ist, löst etwas aus.
00:55:08: Deshalb habe ich mich viel mit beschäftigt,
00:55:10: warum mein Forschungsgebiet es jetzt so weit führen würde,
00:55:12: das im Detail zu klären.
00:55:14: Aber diesen Aspekt ist immer ein Teil meiner Therapie.
00:55:17: So, zweitens würde ich eine Menschen, der mental belastet ist,
00:55:24: immer ins Tun bringen, ins Machen, ins Handeln.
00:55:29: Weil wir sehen, aufgrund einer Reihe von Studien,
00:55:32: das sind den Moment, wo ich etwas mache, mit den Händen oder den Füßen,
00:55:36: wo ich rausgehe, was baue, was gestalte, was tue,
00:55:40: die Angstzentren elektrisch kleiner werden, in Anführungsstrichen.
00:55:46: Also sie werden nicht strukturell kleiner, aber sie werden weniger aktiv.
00:55:50: Der Mensch erlebt nämlich Mut und Zuversicht für sein Leben.
00:55:55: Immer über das, was er macht, nie über das, was er denkt.
00:55:58: Das Denken wird total überschätzt.
00:56:00: Es wird auch heute überstrapaziert.
00:56:02: Wir machen zu wenig, wir handeln zu wenig.
00:56:05: Nein, ich will Denken zu viel.
00:56:07: Also Menschen vom Denken und Krübeln wegzubringen,
00:56:09: es handeln, ist immer ganz entscheidender Punkt für mentale Gesundheit.
00:56:12: Das kann ganz banal mit Gartenarbeit beginnen.
00:56:16: Und das kann auch mal Sport sein oder was basteln und bauen sein
00:56:21: oder etwas erleben, aber rausgehen, in die Welt eintauchen
00:56:25: mit all seinen Sinn die Hände dabei, raus aus dem Denken.
00:56:29: Das spielt immer eine riesige Rolle für mentale Gesundheit.
00:56:33: Und eine Sahnehaube für diesen zweiten Ratschlag ist,
00:56:37: wenn das, was man macht, was man gestaltet,
00:56:40: eine sinnvoll, also subjektiv als sinnvoll empfundene Aufgabe ist.
00:56:44: Wo ich etwas mache für einen anderen vielleicht,
00:56:47: also wo ich selber nach Hause komme und sage,
00:56:50: das war jetzt gut, dass ich das gemacht habe.
00:56:52: Das hat jemandem oder mir selbst was gebracht.
00:56:54: Der Mensch braucht eine sinnvolle Aufgabe,
00:56:56: deswegen sind viele Menschen auch krank, die keine Arbeit haben.
00:56:59: Also für mentale Gesundheit ist eine sinnvolle Aufgabe,
00:57:02: für die ich etwas tue, ganz extrem wichtig.
00:57:06: Deswegen ist das immer ein ganz entscheidender Punkt.
00:57:09: Und der dritte und letzte Punkt, und der letzte ist es nicht,
00:57:13: aber du willst ja zum Schluss kommen,
00:57:15: also der dritte Punkt ist immer positive Emotionen.
00:57:20: Damit meine ich nicht, sich die Welt schön zu lachen,
00:57:24: das ist manchmal gehörend Trend zum Leben
00:57:27: und es ist nicht alles immer schön, aber immer das Gute suchen.
00:57:31: Die gute Beziehung, die gute Nachricht,
00:57:35: die gute Wahrnehmung in der Welt, den Genussfördern,
00:57:39: einfach das Gute suchen in Menschen in der Welt, in der wir leben.
00:57:43: Die guten Geschichten lesen, all das, was wir im Prinzip eben schon besprochen haben
00:57:47: und sich nicht von der Negativität etwas Abstand zu halten,
00:57:50: denn diese Erreger infizieren uns leichter
00:57:52: und von dem brauchen wir Abstand oder eine Maske.
00:57:56: Und das Positive zu finden
00:57:59: und es mit allen Sinnen in dieser Welt zu suchen
00:58:02: und es zu genießen, einzutauchen
00:58:04: und seine Aufmerksamkeit auch bei schlechten Dingen immer wieder auf das Gute zu richten,
00:58:08: das gehört auch mit zur mentalen Gesundheit.
00:58:10: Also ich wiederhole nochmal, qualitativ gute Beziehungen,
00:58:15: eine sinnvolle Aufgabe, bei der man ins Handeln kommt
00:58:18: und eine positive Emotionalität.
00:58:20: Das sind glaube ich vielleicht nicht die einzigen,
00:58:23: aber mit Sicherheit die drei wichtigsten Dinge,
00:58:25: die wir ein Stück weit mit beeinflussen können.
00:58:28: Völker, ich sage vielen, vielen Dank
00:58:30: und ich würde jetzt mal sagen, ich gebe jetzt direkt an unsere Hörer*innen mal den Tipp Nummer 2 weiter.
00:58:34: Kommt ins Handeln, geht in die Buchhandlung
00:58:37: und kauft euch das Buch.
00:58:39: Und ich sage bewusst Buchhandlung,
00:58:42: weil Buchhandlungen müssen sie auch weitergeben,
00:58:45: weil sie in so schöner Ort der Begegnung sind
00:58:47: und von daher freue ich mich.
00:58:49: Ich bin ehrlich gesagt,
00:58:51: schöne Grüße an meine Buchhandlung "Heimann"
00:58:53: am Eppner-Aufferbaum.
00:58:55: Ich bin jeden Samstag, jeden Samstag gehe ich da rein.
00:58:57: Ich kaufe nicht jeden Samstag ein Buch,
00:58:59: aber ich bin jeden Samstag in dieser Buchhandlung
00:59:01: und liebe es da drin zu sein.
00:59:03: Deswegen, Buchhandlungen müssen erhalten bleiben,
00:59:05: deswegen ihr macht was Sinnvolles,
00:59:07: ihr kauft Folgers Buch und ihr unterstützt die Buchhandlung.
00:59:10: Und wenn ihr schon mal da seid,
00:59:12: kauft auch noch das erste Buch, wenn ihr es noch nicht gelesen habt,
00:59:14: weil ehrlich gesagt, das fand ich auch richtig gut.
00:59:16: Also Völker, danke für das Gespräch.
00:59:18: Vielen Dank, war meine Freude.
00:59:20: Groß an alle, bleibt gesund.
00:59:24: Sag mal, wenn du dein Buch,
00:59:26: dein neues Buch mit einem einzigen Satz oder einem Wort,
00:59:28: vielleicht beschreiben musst du es, welches Wort wäre das?
00:59:30: Zuversichtlich.
00:59:32: Oder zuversicht verursachend.
00:59:34: Zuversicht machend.
00:59:36: Hätte ich auch gesagt.
00:59:38: Ja.
00:59:39: Ich glaube, dass das eine Überschrift ist,
00:59:41: die sich für alle fünf Kapitel,
00:59:43: die in diesem Buch enthalten sind,
00:59:45: eignet,
00:59:47: weil ich merke, dass das Menschen fehlt
00:59:49: und ich wollte ihnen in dieser Welt,
00:59:51: die leider eben nur mal so ist, wie sie ist,
00:59:53: zeigen, dass es ganz, ganz viel Grund für Zuversicht gibt
00:59:56: und ganz viele Möglichkeiten, das zu erzeugen.
00:59:59: Wenn euch diese Folge gefallen hat,
01:00:01: würde es mir sehr helfen,
01:00:03: wenn ihr eine Bewertung bei Apple Podcast oder Spotify hinterlasst.
01:00:06: Und um immer auf dem Laufenden zu bleiben,
01:00:08: welche neuen Folgen erscheinen,
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Ulrike
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